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back to DIE FUNKTION VON KUNST UND DESIGN IM WIRTSCHAFTSPROZESS 

Die Funktion Von Kunst Und Design Im Wirtschaftsprozess
Patrik Schumacher 1985 - 1995
Analyse der Prägungsphase am Beispiel des Deutschen Werkbundes
Unpublished Manuscript

HISTORISCH-ÖKONOMISCHE HERLEITUNG DER IM DWB VERFOCHTENEN KÜNSTLERISCHEN IDEALE - VERSUCH EINER DETAILLIERTEN IDEOLOGIEKRITIK

- Die Ideale des DWB (Einleitung)
- Qualität
- Gestaltung nach dem Zweck
- Maschinengemäße Gestaltung - Maschinenstil
- Exkurs:  Ästhetik  -  historisch-materialistisch
- Zeitgemäße Gestaltung - Stil und Geist der Zeit
- Deutscher Nationalstil
- Typisierung
- Stileinheit und Gesammtkunstwerk
- Arbeitsfreude
- Das Ideal des freien Künstlers

DIE IDEALE DES DEUTSCHEN WERKBUNDES

Trotz aller bewußter Wirtschaftsstrategie waren die Künstler (Designer und Architekten) und wohl auch so mancher Unternehmer im DWB ihrem Selbstverständnis und ihrer Motivation nach in erster Linie Protagonisten neuer Gestaltungsideale und Aktivisten einer höheren Formkultur. Wurde einerseits dieser Idealismus der Reformer für wirtschaftliche Ziele ausgenützt, so wurde andererseits dieser Idealismus (und mit ihm die ganze Reformbewegung) durch die wirtschaftliche Dynamik wiederum angefeuert und getragen. "Bei einzelnen Künstlern rief diese Aktualisierung sogar große Illusionen über die weltverändernde Wirkung ihrer Kunst und ein für jene Jahre charakteristisches Sendungsbewußtsein hervor." (Junghanns)(102)  Die Existenz der künstlerischen Ideale und deren Ernsthaftigkeit soll hier nicht prinzipiell angezweifelt werden. Es geht hier darum zu zeigen, daß diese Ideale nicht, auch wenn sie subjektiv als solche gesetzt sind, als reiner Selbstzweck existieren oder als solche aus dem platonischen Himmel fallen, sondern aus einem weiter gespannten und in letzter Analyse ökonomisch fundierten Funktionszusammenhang heraus erklärbar sind. Die subjektive Ernsthaftigkeit der Ideale steht wie gesagt nicht in Frage. Im Gegenteil, sie ist sogar ein notwendiges Moment des geschichtlichen Prozesses. Selbst die primär politisch orientierten Protagonisten, wie Naumann haben ihre Ideale (etwa >den Fortschritt Deutschlands<) und mobilisieren über diese ihre Energien. Naumann hat zudem auch sehr inspiriert über architektonische Form geschrieben. Ohne ernstgemeinte künstlerische Ideale hätte die Kulturpolitik des DWB kaum Aussicht auf Erfolg gehabt. Authenzität des künstlerischen Strebens war geradezu Vorausetzung des Marketing-Erfolges, d.h. des Erfolges in wirtschaftlicher Hinsicht. Mit einer gewissen, nicht funktional subsumierbaren Eigendynamik ist bei authentischem Idealismus immer zu rechnen, jedoch nur in der Form langfristig vernachlässigbarer Amplitudenausschläge um einen materiali­stisch-funktionalen Gravitationsschwerpunkt. Langfristig quer­laufendes Streben  - sei es individuell oder gar national - verhungert ganz einfach.
Das künstlerische Streben des DWB  hatte besagte Amplitudenaus­schläge und war nie völlig mit den wirtschaftlichen Interessen in Einklang und Gleichschritt zu bringen  - zumal diese mit sich selbst auch nicht immer vollkommen im Reinen waren. Diese Spannungsverhältnisse, die sich in den Kunstdebatten des DWB spiegeln, gilt es aufzuschlüsseln. Die bisherigen Kapitel sind dafür eine ergiebige Basis.
Die Ideale und Ideen des DWB sind auch ihrem konkreten Inhalt nach nicht als vom gesellschaftlichen Mechanismus unabhängig zu denken; d.h. eine Analyse, die glaubt es genüge zu konstatie­ren, daß da ein neues Ideal und ein neuer Stil entwickelt worden sei, der  - Ursprung und Gehalt unwichtig -  qua Neuheit und qua Ideal sich gut als neue Mode verkaufen ließ, eine solche Analyse erkennt zwar ein entscheidendes Wesensmoment der monopolkapitalistischen Warenproduktion, ist jedoch um viele mögliche Erklärungsebenen zu kurz:
Die DWB-Ideale sind zum Teil schlicht als Idealisierungen der neuen materiellen Notwendigkeiten der gesellschaftlichen Repro­duktion zu verstehen (Kunstweihe des industriellen Massenpro­dukts) oder aber sie drücken Konflikte zwischen den Klassen oder innerhalb der bürgerlichen Klasse aus oder sind gar als Kritik an den vorherrschenden Zuständen und Zwängen zu begreifen. Al­lerdings vor allem solche Ideen werden schließlich Wirklichkeit und materialisieren sich in der Warenlandschaft, die sich am kongenialsten in den Rythmus und die Logik des Verwertungspro­zesses der im Monopolisierungstrend überlebenden Kapitale ein­fühlen. (Dies steht hier als heuristisches Prinzip und nicht als Dogma oder Tautologie.) Daß die Protagonisten selbst mit ihrem Lebensunterhalt bzw. Lebensstandart vom Erfolg innerhalb der jeweils gegebenen Wirtschaftsdynamik abhängig sind, erklärt die individuell-subjektiven ideologischen Anpassungsprozesse: So z.B. das Abschleifen jugendlicher Radikalität oder das Durchlaufen mehrerer diametraler Ideale, wie z.B. bei Peter Behrens, der Jugendstil, Neoklassizismus und modernen Funktionalismus in Folge vertrat. Die Avant­Garde könnte man in diesem Zusammenhang als Anpassung mit umgekehrtem Vorzeichen bezeichnen. Denn der Begriff der Avant-Garde (= Vorhut) ist ja letztendlich nur dann erfüllt, wenn die Masse später auch tat­sächlich nachgefolgt ist. Nur orginell zu sein, ohne Nachhut, bedeutet gar nichts. Avant­Garde ist das entscheidende Prinzip markt- bzw. wettbewerbs-wirtschaftlicher Dynamik: Nur mittels Innovationen oder mit etwas Neuem lassen sich überdurchschnittliche Profite erzielen.

Auch wenn gewisse Ideale des DWB anhand von ideengeschichtlichen Linien auf frühere Ideen zurückgeführt werden können, so ist damit noch nicht erklärt, warum bestimmmte Ideen, die es früher schon mal gegeben hat, jetzt wieder aufgenommen werden, wie z.B. die im DWB großgeschriebenen Ideen von Zweckbestimmtheit, Materialgerechtigkeit und Konstruktionsehrlichkeit, die schon von Viollet Le Duc und Gottfried Semper formuliert wurden. Entscheidend ist die Frage, warum, was damals einsame Rufe in der Wüste blieben, sich jetzt in breiter Phallanx durchsetzt und materialisiert (in vollem Umfang dann in den 20iger Jahren).
Diese Frage verweist wiederum auf die Gesammtgeschichtliche Entwicklung, aus der heraus ich alle Facetten der DWB-Ideologie zu verstehen versuche, um dabei auch umgekehrt das Gesammtgeschichtliche Bild zu bereichern und zu facettieren.

Der Übersichtlichkeit halber ist die Erörterung in Abschnitte, den jeweiligen Idealen bzw. Prinzipien entsprechend, eingeteilt, auch wenn da inhaltlich natürlich eins ins andere greift. Es werden erörtert in folgender Reihenfolge: Qualität, Gestaltung nach dem Zweck, Maschinengemäße Gestaltung, Deutscher Nationalstil, Typisierung, Gesammtkunstwerk und Arbeitsfreude.

QUALITÄT

Qualität  - das ist die Ur-Forderung des Deutschen Werkbundes.
Die Forderung nach Qualität in der Produktion bedarf natürlich keiner besonderen Rechtfertigung, um so mehr bedarf es der Er­klärung, warum diese Forderung gerade zu jenem Zeitpunkt so vehement erhoben wurde und warum die Zustände anscheinend Anlaß dazu gaben. Die damalige und bis auf den heutigen Tag immer wieder wiederholte Standarterklärung für den damaligen Ruf nach Qualität ist, daß die Maschine zu Schundproduktion geführt habe  -  Schund übrigens nicht nur im Sinne von materieller, sondern auch künstlerischer Minderwertigkeit. Die unbeseelte Maschine hätte weder die Arbeitsqualität noch das Kunstgefühl des Arbeiters ersetzen können. Da gleichzeitig die englische Maschinenproduktion bewundert wurde und ebenfalls neue Maschinenprodukte wie das Fahrrad, trägt diese Erklärung nicht sehr weit. Im Kapitel über die "konkrete ökonomische Ausgangssituation" ist die eigentliche Erklärung schon enthalten: Da die deutsche Industrie sich später und in Anlehnung an die englische und die französische entwickelte, lag nichts näher  - und es war realistisch kaum etwas anderes möglich -  als diese samt ihren Erzeugnissen zu imitieren. Einen gewissen Marktanteil konnte man sich dabei nur über den Preis erobern. Die Folge: Die deutsche Produktion wurde bald als billiger Schund angeprangert. Der Profit bzw. das Wachstum war ernstlich gefährded. Deshalb die Besinnung auf Qualität. Da man auch als "Allerweltskopist"(Jahrbuch II) verschrien war: Der plötzliche auch moralisch abgrundtiefe Fall der Praxis der Stilimmitation. Die Franzosen hatten dagegen ursprünglich keinen Anlaß ihre Selbstimitation (Luis XIV ect.) in Frage zu stellen. (Die gängige Kunstgeschichtliche Darstellung dieser massiven, polemischen  Abkehr von der Imitation historischer Stile übernimmt unkritisch die Argumentation der Werbundprotagonisten und geht idealistisch von der inherenten Rationalität und "Fortschrittlichkeit" dieser Abkehr aus.)
Im Gegensatz zu dem einfältigen Einzeiler, die Maschine sei schuld gewesen am Verfall des Kunstgewerbes, der in sämtlichen Kunstgeschichten wiederholt wird und übrigens bereits 1835 in England auftaucht und dann vor allem durch Ruskin und Morris gepredigt wurde, findet man bei Muthesius eine an Systemkritik grenzende Analyse, die wenn sie auch nicht auf die spezifisch deutsche Situation am Ende des Jahrhunderts eingeht, so doch das Problem richtig im ökonomischen Mechanismus lokalisiert:
"Die Maschine ist aber nicht allein dazu mißbraucht worden, falsche Kunstwerke zu liefern. Sie führte eine Herstellungsweise ein, die auf Massenbetrieb loszielte, und beschwor damit eine Reihe von weiteren Übeln, vor allem eine gegenseitige Unterbie­tung des Preises herauf. War dieses Prinzip eimal da, so wandelte es sich bald zu einem Kampfe auf Leben und Tod um. Eine mäch­tige Betriebsanlage frisst in jedem Augenblick Zinsen, in dem sie nicht im Gange ist. Es muß also produziert werden, mag die Welt die Waren brauchen oder nicht. Der Käufer, der keinen ei­gentlichen Bedarf für sie hat, wird zum Kauf verlockt durch ihre beispielose Billigkeit. Die Vorbedingung dazu ist nur zu oft schlechteste Qualität ... "(103)
Muthesius', auf Konkurrenz und Kapitalverwertungszwang (Zinsen) rekurrierende Analyse erklärt im Prinzip auch das ältere englische Phäno­men, das dann mit dem Zutritt Deutschlands in die Arena sich hier notwendigerweise auf verschärfter Stufe wieder­holte. Natürlich spielt die Maschine dabei eine Rolle, wenn auch nicht wegen ihrer Gefühlskälte, sondern wegen ihres fix gebundenen Kapitalwerte. Muthesius führt dann allerdings doch auch noch den irrelevanten Gegensatz des Automatenmäßigen mit dem Persönlichen und Seelischen der Hand an, eben weil er letztlich doch nicht zur Systemkritik kommt und hilflos nach Auswegen innerhalb des Systems sucht, indem er z.B. die Volkserziehung als Weg anführt. Immerhin geht er so weit ber Ruskin und Morris hinaus, daß er in der Maschine "nur ein verbessertes Werkzeug" sieht und einsieht, daß es wie er sagt "Wahnwitz"(104) wäre, sie aus der Produktion auszuschließen.

Materialgefühl und Materialgerechtigkeit:
Im Anschluß an die oben zitierte Analyse heißt es bei Muthesius: "Der Käufer aber wird zur Unwirtschaftlichkeit veranlaßt, indem er in kurzen Zeiträumen eine Folge von undauerhaften Sachen anschaffen muss ... Das Nationalvermögen aber wird dadurch aufs tiefste geschädigt, dass fortlaufend Rohmaterial, das zum Teil aus dem Ausland bezogen werden muss, in ungenügender Form ausgenützt, also verschwendet wird."(105)
(Die Kritik Muthesius' an einer Wirtschaft die den Käufer zur Unwirtschaftlichkeit veranlaßt ist vergleichbar mit der Kritik, die  die sogenannten Welfare-Ökonomen in den USA in den 50er und 60er Jahren angesichts der enorme Resourcen verschlingenden Werbung und der darauf gegründeten Verschwendungsproduktion geübt haben. Verschwendungsproduktion und Werbung sind dabei keine "Auswüchse", sondern integrale Faktoren des Sytems.)
Muthesius' Bezug auf Rohmaterialien, hatte eine besondere Motivation, die besonders auch Karl Schmidts Qualitätsethos beflügelte. Schmidt war DWB-Gründungsmitglied und Besitzer der Hellerauer Werkstätten, die besonders für ihre soliden "Maschi­nenmöbel" bekannt waren. 1903, im gleichen Jahr, in dem Muthesius das vorhergehende schrieb, klagt Schmidt über Holzverknappung und prognostiziert, daß er binnen eines Jahres  vielleicht keine Rohmaterialien mehr beziehen könne und die Produktion stilllegen müsse. Im Jahre 1912 scheint das Problem immer noch aktuell. In seinem Artikel "Materialverschwendung und Materialgefühl" konstatiert er, daß "das Gefühl für edles Material und anständige Arbeit darüber verloren gegangen ist"(106).(Das "darüber" bezieht sich auf Maschinenarbeit, die er mal wieder verkürzend schuldig spricht, ungeachtet der Tatsache daß sein eigener Betrieb auch auf Maschinenproduktion beruht.) Die Sorge um Materialverschwendung und Materialgefühl hängt mit der Tatsache zusammen, daß mit der unausweichlichen Maschinisie­rung/Produktivitätsteigerung die Materialkosten anteilig am Preis der Ware steigen (da eben mehr Material pro Arbeitszeiteinheit verarbeitet wird), es sei denn dies wird durch fallende Rohstoffpreise ausgeglichen. Das genaue Gegenteil war nun in fraglicher Zeit der Qualitätsapostel, Verschwendungsmoralisten und Materialgerechten der Fall: Die Rohstoffpreise stiegen, insbesondere auch die für Schmidt relevanten Holzpreise. Der Maschinisierungsschub und der damit erhöhte Verbrauch der verarbeitenden Industrie konnte nicht schnell genug von einer ent­sprechenden Entwicklung der Rohstoffproduktion erwidert werden. Hinzu kam noch das Problem der Monopolpreise und Zölle bei den Rohstoffen. Daher also Schmidts Materialgefühl bzw. -sensibilität: die ständigen Preissteigerungen, die zusätzlich die ständige Gefahr der Produktionsstockung bedeutenten, machten sich in seinem Werk schmerzlich fühlbar. "Eiche ist in den letzten 20 Jahren um 60 v.H. gestiegen! ähnlich liegt es mit den meisten anderen Rohmaterialien."(107) Dies führt zu folgender durchaus rationalen Kritik der kapitalistischen Produktionslogik, auch wenn Schmidt sie als Kapitalist nicht als Kapitalismuskritik formulieren kann:
"Wenn wir Holz zu Schundmöbeln verarbeiten, ... so arbeiten wir eigentlich Feuerholz und verwüsten das Material, versündigen uns an einem Naturprodukt. ... Verbrauchen wir soviel Material als die Erde wachsen läßt, so werden wir für die Materialien einen mäßigen Normalpreis haben, ... verbrauchen wir aber mehr, so steigt der Preis ... wir leben auch auf Kosten unserer Kinder und Enkel. Es ist eine Sünde und Schande so zu verfahren."(108)
Preissteigerung und dann auch noch Sünde und Schande! Die er­stere scheint ihm da erst zu der moralischen Einsicht in letztere verholfen zu haben. So verhelfen die Krisen im System zu wahren Gedankensprüngen. Allerdings, in seiner Wut auf die hohen Preise übersieht Schmidt, daß der Begriff der Verschwendung ja gerade bedeutet, daß der Preis, den das Holz im freien Spiel der Kapitalien erzielt, in Bezug auf seinen eigentlichen Wert und sozialen Preis noch viel zu niedrig ist.

GESTALTUNG NACH DEM ZWECK

Ähnlich wie die Forderung nach Qualität, scheint die Forderung nach der Zweckgerechtigkeit von Gebrauchsgegenständen zu selbstverständlich zu sein, um überhaupt explizit werden zu müssen. Damals verstand sich diese Forderung als Gegen­bewegung gegen den ekklektisch-historistischen Stilreigen des späten 19.Jahrhunderts (und wird seitdem genauso in der Kunstgeschichte verstanden.) Alle Einrichtungsgegenstände (und nicht zuletzt auch Gebäude) sollten wieder als Gebrauchsgegenstände betrachtet werden. So gibt sich die Bewegung als rationale Kulturkritik. So hatte sich schon (und so wird auch heute noch) der Jugendstil erklärt. Allerdings wurde im frühen DWB bereits die Auffassung vertreten, daß der Jugendstil am Ende den Stilreigen nur fortgesetzt hatte und mancher sah sogar diese Gefahr für die vom DWB unterstützte Reformbewegung selber.
"Es treten selbst aus den Reihen derer, die das heute bestehende Gute mitgeschaffen haben, Spaßmacher hervor, die vor dem Publikum ihre grotesken Sprünge aufführen, um diesem in einer neuen Phase der Innenarchitektur die erwünschte Abwechslung zu bieten!"(109)
Was einerseits als Gefahr betrachtet wurde, war von anderer Warte aus gerade das Erfolgskriterium. Ein Resolutionsantrag gegen "die qualitativ schädlichen Tendenzen des fortwährenden Modewechsels"(110) wurde jedenfalls vom Vorstand abgelehnt. Die Prinzipien kunstmoralischer Erneuerung sollten den ökono­mischen Geistern, die man gleichzeitig beschwören wollte, nicht im Wege stehen. Ein neuer Zweckstil, wenn er als Stil und nicht als nackter Pragmatismus verstanden wurde, konnte da im Gegenteil Tore öffnen.
Und dieser Zweckstil wurde von Anfang an als Stil, d.h. als Formensprache angegangen und war somit modefähig, so sehr auch Muthesius dem Stilbegriff in seiner Schrift "Stilarchitektur und Baukunst" - als Gegensatz verstanden - ideologisch abschwört. Denn es ging eben nicht um tadellose Zweckerfüllung  - darüber bräuchte man ja auch kaum ein Wort zu verlieren -  sondern es ging um eine neue Kunstform. Der Gegenstand sollte seinen Zweck ausdrücken und versinnbildlichen und sein Wesen in ornamentloser Sachlichkeit zeigen.
"Die Kunst besteht nicht in der Verdeckung der Gebrauchszwecke, sondern oft sogar in ihrer ausdrücklichen Hervorhebung. ... Der Stuhl soll offensichtlich zum sitzen da sein ..." (Aus Naumanns Charakterisierung des "künstlerischen Inhalts der neuen Richtung" in seiner programmatischen Flugschrift zur Jahresversammlung 1908)(111)
Gestaltung nach dem Zweck ist also auch nur eine neue Form von Warenästhetik. Und zu argumentieren, das Zeigen der Funktion erfülle eine Kommunikationsfunktion, kann nicht überzeugen, denn die Funktion eines Stuhls in historischem Stil ist nicht weniger offensichtlich als die eines "sachlichen" Stuhls. Die entscheidende Funktion, die die Gestaltungen der DWB-Protagonisten erfüllten, war die der Identifikationsmöglichkeit. Sie hatten eine unverwechselbare Identität. Das war das ökonomisch entscheidende: Diese "sachliche" Identität machte den DWB-Stil  Mode- und Marktfähig.

Darüberhinaus muß man sehen, daß diese Gestaltung nach dem Zweck eine bewußt bürgerliche Identität ausdrückt, und dies nicht nur in dem zum Teil direkten Rückgriff auf das Biedermeier als unzweifelhaft bürgerlichem Stil. In selbiger Charakterisierung des künstlerischen Inhalts der neuen Richtung spricht Naumann des weiteren von dem "Sinn für Echtheit des Materials gegenüber allen falschen Ersatzmitteln" und daß man nichts "für etwas anderes ausgeben (soll) als was es ist"(112) und:
"Die Konstruktion wird im allgemeinen lieber gezeigt als verborgen. ... Ein Geist schöner und fast brutaler Ehrlichkeit beginnt ein verlogenes Zeitalter abzulösen."(113)
Und Muthesius spricht von "innerer Wahrhaftigkeit"(114).
Was hier bemerkenswert ist, ist, daß hier Gestaltungsprinzipien  als moralische Prinzipien formuliert werden: Echtheit, Ehrlichkeit, Wahrhaftigkeit. Die künstlerische Erneuerung ist also gleichzeitig eine moralische Erneuerung, und zwar im Sinne (aus bürgerlicher Sicht) dezidiert bürgerlicher Werte.
Muthesius: "Der Wind, der heute über unsere Kultur weht, ist bürgerlich. Wie wir heute alle arbeiten, wie sich ... unsere Kleidung auf der ganzen Linie verbürgerlicht hat, wie sich unsere neueren tektonischen Bildungen, soweit sie nicht von Architekten gestaltet wurden, im Geleise völliger Einfachheit und Sachlichkeit bewegen, so wollen wir auch in bürgerlichen Zimmern leben, deren Wesen und Ziel die Einfachheit und Sachlichkeit ist."(115)
Die bürgerlichen Tugenden der Sachlichkeit und Zweckmäfligkeit sollen endlich auch in der Kunst selbstbewuflt sich durchsetzen. Es scheint als wollte man die letzten Schlacken höfischer Kultur sich von den Gliedern schütteln, die dem bürgerlichen Tatendrang  nur im Wege sind. Daß solche idealistische Empfindung/Phrase nichts erklärt  - schliefllich waren ja auch Historismus und Ekklektizismus bürgerliche Hervorbringungen - sondern, dafl diese spezifische, forcierte "Bürgerlichkeit" eine konkrete historische Erklärung hat wird unten, im Rückgriff auf das Kapitel über die innenpolitischen Fronten, zu zeigen sein. Hier drückt sich ein politischer Machtkampf im Kulturkampf des DWB aus, der damit auch ideologisch an die politisch umkämpften Umstrukturierungs­prozesse der Wirtschaft gebunden ist.
Das heißt aber nicht, daß da nicht, aus der Sicht eines emanzipatorischen Humanismus, ein gewisser kultureller Fortschritt oder zumindest Potentiale eines solchen sich lokalsieren lassen, genauso wie der Naumannsche politische Kampf und die entsprechenden wirtschaftlichen Um­strukturierungen gegen den konservativen Block auch sozialpoli­tische und demokratische Fortschrittspotentiale enthielt.
So vertrat Muthesius bereits 1904 in seinem Buch über "Das Englische Haus" eine Auffassung von modernem Design, die LeCorbusier's befreiende Formel des Hauses als Maschine zum Wohnen antizipierte: Muthesius spricht vom Badezimmre als dem ersten wirklich "logisch entwickelten" Raum. "Ein solches modernes Badezimmer ist wie ein wissenschaftlicher Apparat, in welchem die geistvolle Technik Triumphe feiert und jede hereingetragene "Kunst" nur störend wirken würde. Die rein aus dem Zweck entwickelte Form ist an sich so geistreich und vielsagend, daß sie ein ästhetisches Behagen hervorruft, das sich nicht vom künstlerischen Genuß unterscheidet. Hier haben wir eine wirklich neue Kunst, die keiner Stimmungslinien bedarf..."(116) Es ist bemerkenswert, daß Muthesius, der hier einerseits den gängigen Begriff von Kunst als etwas unterscheidbar Besonderem aushöhlt, dennoch  genau über dieses Wort sich der Konnotationen von kulturellem Wert und Würde zu vergesichern sucht. Das gleiche gilt zudem auch noch für LeCorbusier, der, gegenüber der entmystifizierenden Kampfansage des "Neuen Bauens", die Begriffe von Kunst und Architektur noch beansprucht und verteidigt.
Auch aus Naumanns Text "Die Kunst im Zeitalter der Maschine" spricht ein gestaltungsinnovatives Pathos, dessen Inspirationskraft man sich auch heute noch kaum entziehen kann. Aber auch er beansprucht das Wertabzeichen der "Kunst":
"Der neue Eisebau ist das Größte, was unsere Zeit künstlerisch erlebt. ... Hier gibt es keinen alten Zwang, keine Hofkunst ... Hier wird nicht Kunst neben Konstruktion getrieben, keine angeklebte Dekoration, keine blofle Schnörkelei, hier wird für den Zweck geschaffen, und die Form wird geboren wie ein Kind, an das seine Eltern kaum dachten. ... Hier leben noch unaussprechliche Möglichkeiten. Alle Gefühle für Träger und Belastungsverhältnisse werden anders. Große Gewölbe fast auf Punkte zu legen, ist so neu, daß oft der Architekt noch falsche Pfeiler für nötig hält, als schäme er sich seiner jungen Kraft. ... Der Mensch besinnt sich auf den Aufbau der Dinge selber, er lernt die Arbeit der Materie nachempfinden."(117)
Die inspirative Kraft dieser Worte  - so wie auch der Schriften Muthesius' -  konnte natürlich bei Künstlern wie Behrens, Poelzig, Taut und Gropius, deren Werke durch solche Worte inspiriert und vielleicht überhaupt erst möglich wurden, alle eventuellen Vorbehalte gegen die, in denselben Schriften formu­lierten politischen Ziele entwaffnen (sofern das überhaupt nötig war). Ähnliches gilt auch heute noch. Wenn man auf jene "hero­ischen" Anfänge der Moderne zurückschaut, will man von Zweifeln nichts wissen. Die kulturelle Leistung soll auch hier nicht unterminiert werden. Die schlagende Qualität, Rationalität und Kraft dieser Ideen von Muthesius und Naumann, sowie der Werke von Behrens, van de Velde, Poelzig, Taut und Gropius u.a. sollte von vorneherein das Mißverständnis ausschließen, die Erklärung aus den ökonomisch/politisch/gesellschaftlichen Hintergründen würde den Fortschritt der hier gemacht wurde als solchen in Frage stellen.(Die kulturelle Fortschrittlichkeit des DWB steht so wenig in Frage wie die Tatsache, daß die "bürgerliche" Gesellschaft im Sinne der verarbeitenden Industrie einen Fortschritt gegenüber der "feudalen" Gesellschaft der Rohstoffmonopole darstellt.) Es geht vielmehr darum die systematischen Bedingungen und Grenzen dieses Fortschritts aufzuzeigen.
Was die Faszinationskraft dieser Männer anbelangt, so sollte man sich davon nicht zu dem Glauben verleiten lassen, die ganze Dynamik der Bewegung gehe allein von diesen kraftvollen Indivi­duen aus. (Eine solche Geschichte läßt sich schnell schreiben und ist auch schon hundert mal geschrieben worden.) Dagegen gilt es die gesellschaftlichen Bewegungsgesetze auszumachen, von denen diese Individuen und das was sie repräsentieren ins Zen­trum der Ereignisse gezogen wurden.
Die politische Reinkultur der bürgerlichen Gesellschaft - Markt­frei­heit und repräsentative Demokratie - war nicht nur noch nicht in Deutschland angekommen, sondern bereits wieder auf dem Rückzug. Umsomehr verstand sich die im DWB organisierte neue Kunstbewegung als eine dezidiert "bürgerliche":
"Als Träger der neuen Ideen ist eine Geistesaristokratie im Entstehen begriffen, die diesmal aus den besten bürgerlichen und nicht aus geburtsaristokratischen Elementen besteht und schon dadurch das neue und erweiterte Ziel der Bewegung deutlich kennzeichnet: die Schaffung einer zeitgemässen bürgerlichen Kunst." (Muthesius) (118)
"... die Aristokratie und die reichen Leute verhalten sich ablehnend, weil ihnen die reinigende Tendenz der Bewegung unsympathisch, das bürgerliche Bekenntnis der neueren Kunstauffassung unheimlich ist ..." (Muthesius) (119)
Dazu passt auf politischer Seite die Naumannsche Formel:
"Wir wollen nicht mehr von den sinkenden Ständen regiert werden." (120)
Und hier liegt die historische Erklärung für diese plötzliche kämpferische Bürgerkultur. Diese Betonung "bürgerlicher" Werte  -  in einer ohnehin bürgerlichen Zeit -  wird in ihrem Eifer angespornt von jenem, im Kapitel über die innenpolitischen Fronten bereits angesprochenen Konflikt zwischen Konsumgüterindustrie und der politisch autoritär dominierenden Schwer-, Bergbau-, und Großagrarindustrie, die historisch "zufällig" aristokratisch geprägt war, aber sustantiell natürlich längst keine Aristokratie (im ökonomisch-politischen Sinne) mehr sein konnte.
"Für viele stellten sich die wirtschaftlichen und politischen Interessenkämpfe ohnehin als weltanschauliche und geistig-künst­lerische Auseinandersetzungen dar. So setzte 1894/95 mit den Angriffen des liberalen Flügels der deutschen Bourgeoisie auf die parasitäre Zollpolitik der Montanmonopole, auf die Rückstän­digkeit des Adels und die reaktionäre Innenpolitik ein mächtiger Aufschwung des Kampfes für eine vernünftige Lebensweise aller Klassen, für die Modernisierung der gesammten Umwelt und damit auch gegen den lebensfremden historischen Ballast des Eklekti­zismus in Architektur und Produktgestaltung ein. Das Interesse daran und die Tiefe der geistigen Prozesse werden recht deutlich an der Welle der Zeitschriftengründungen in jenen Jahren."(Jun­ghanns)(121)
Die Kultur- und Kunstzeitschrift "Jugend" (ab 1895) war ein wichtiges Organ des kultur-liberalen, bürgerlichen Geistes und der nach dieser benannte Jugendstil ein erster materialisierter Ausdruck dieses Lebensgefühls eines Bürgertums, das "es selbst" sein will und nicht mehr eine Imitation des alten Adels.
"Unsere heutige Gesellschaft wird beherrscht von parvenuhafter Prätension und verbringt ihr Leben in einer Scheinkultur ... durch Anheften von aristokratischen Flicken der Vergangenheit ..." (Muthesius 1903) (122)
Was im Jugendstil mehr intuitiv umgesetzt wurde  - die (nationale) Erneuerung in der Gewerbekunst, die Abkehr von Imitation Frank­reichs und vergangener Stile, die Abkehr von höfischen Repräsen­tationsformen, der Ausdruck von Modernität -  all dies wurde im DWB bewußt formulierte Ideologie. (Dabei wurde die Praxis der Ideologie keineswegs immer gerecht, besonders was die Ideologie der Sachlichkeit bzw. der Zweck-, Material- und Konstruktionsgerechtigkeit angeht.)

Die Rolle von Ideologie muß hier jedoch prinzipiell relativiert werden. Ein derartiger ideologischer Kulturkampf kann ein Phäno­men wie den sich damals bahnbrechenden Werkbunderfolg oder den früheren Jugendstil als alles überschwemmende Mode weder hervorbringen noch kontrollieren. Noch viel weniger war die Aristo­kratie in irgend einer Weise "Schuld" am Eklektizismus/Historis­mus in Architektur und Kunstgewerbe, die ja gerade erst durch die Industrialisierung so proliferierten. Spätestens seit dieser Zeit sind jene "kulturellen Phänomene" durch das zirkulierende Kapital als ihrem notwendigen Medium vermittelt und damit zuallererst und letztendlich der Logik der unter Konkurrenz optimierten Kapitalausdehnung unterworfen. Und genau unter dieser Gesetzmäßigkeit, unter der schon die Neo-gotik von Neo-romanik und Neo-renaissance gejagt wurde, wird aus der "organisch-pla­stischen Symbolisiering der konstruktiven und funktionellen Anforderungen an Gegenstand und Material" (Junghanns' Erklärung des Jugendstils)(123) ein floraler "Zuckerguss" für jedwede Ware, als dieser Stil kapitalistisch bewirtschaftet wird.
Wenn also der politisch-gesellschaftliche Emanzipations- bzw. Hegemoniedrang des liberalen Flügels des Bürgertums, wie er sich in den Muthesius- und Naumannzitaten ausdrückt, die künstleri­schen Inhalte der im DWB gefaßten Reformbewegung  inspiriert, so ist hingegen die Notwendigkeit der qualitativen und ästhetischen Erneuerung letzlich unmittelbar wirtschaftlich begründet und hier muß sie sich auch bewähren.

MASCHINENGEMÄSSE GESTALTUNG  -  MASCHINENSTIL

Die Forderung einer Maschinengemäßen Gestaltung ist, sowie die im nachfolgenden Abschnitt behandelte "Zeitgemäße Gestaltung", ideologisch verwand mit der im vorangegangenen Kapitel erörterten "bürgerlich-zweckgemäßen" Gestaltung. Darüberhinaus hat der Maschinenstil (oder auch der Stil der Zeit im "Zeitalter der Maschine") eine besondere Marketing-bedeutung für gewisse Unternehmen, die das Image des technologischen und kulturellen Pioneers anstreben, weil die Art ihres Produktes dies nahelegt:
Elektrische Geräte bei der A.E.G., Chemieprodukte, Stahl und Glas. Die Produzenten solch moderner Produkte repräsentieren sich in moderner Architektur von Behrens, Poelzig und Taut.
Ein weiterer besonderer Aspekt der Betonung der Maschine als stilbildend, ist die damit einhergehende Aufwertung und Privile­gierung von Industrieller gegenüber Handwerklicher Produkte; es galt die bis dato akzeptierte Hierarchie umzukehren. Das Handwerk beherrschte damals noch große Teile des Luxusmarktes. Maschinelle Imitation der handwerklichen Gestaltung konnte der Maschine immer nur Zweitklassigkeit attestieren. " Wir erinnern uns, mit welcher Geringschätzung noch oft in den siebziger Jahren von "Fabrikware" geredet wurde." (Naumann)(124) Mit einem selbstbewßten maschinengemäßen Design war dem zu entkommen und aus einer Not gar eine Tugend zu machen.
"Die neuen Bedingungen werden noch nicht verstanden, geschweige denn beherrscht. Die Maschine müsste, wie jedes verbesserte Werkzeug, ein Segen statt ein Fluch für die Menschheit sein. Sie braucht weder notwendigerweise unkünstlerisch, noch unsolid zu produzieren. Der menschliche geist denke nur die Formen aus, die sie leisten kann, und diese werden, sobald sie logisch aus den Bedingungen der Maschine entwickelt sind, auch das sein, was wir getrost künstlerisch nennen können. Sie werden vollauf befriedigen sobald sie nicht Falsifikate von Handarbeit, sondern typische Maschinenformen sind." (Muthesius)(125)
In diesem Zusammenhang wäre auch bereits auf den unten ausführlich behandelten Begriff und Anspruch auf Typisierung einzugehen. Die Forderung nach aesthetischer Vereinheitlichung (Typenbildung) der deutschen Warenproduktion wird als zeitlose Tugend der Formkultur und als das Wesen architektonischer Kultur überhaupt vorgetragen. Zum einem läßt sich diese Forderung als eine äesthetische Idealisierung der Ablösung der handwerklichen Produktion durch die machinelle Serienproduktion verstehen. Darüberhinsaus verbirgt sich dahinter allerdings auch der kunstpolitische Versuch mittels Vereinheitlichung eine kritische Masse deutscher Produktion zur schlagkräftigen Stilprägung auf dem Markt zu konzentrieren. Beide Aspekte bedeuten Industriepolitisch eine ideologische Unterstützung der Großindustrie.

EXKURS: ÄSTHETIK - HISTORISCH-MATERIALISTISCH

Das Entwicklungsmuster, demzufolge die Architekturavantgarde ihre Innovationen und ästhetischen Umwertungen im Seiten- und Rückblick auf das, was in der Anonymität des pragmatisch geleiteten Baubetriebs passiert, entdeckt, bestimmt die Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts: Koolhaas' Delirious New York, als retrospektives Manifest einer Ästhetik der Verdichtung, Venturi's explizites Lernen von Las Vegas, und nicht zuletzt die Heroen der modernen Architektur, die ihre revolutionären Prinzipien im vorurteilsfreien Blick auf anonyme Fabrikarchitektur und die alltäglichen Produkte der industriellen Zivilisation entwickelt hatten.
Die Hohe Kunst der Architektur reproduziert sich zuerst im Reich der Ideologie und ist deshalb primär konservativ. Die Dynamik der Geschichte entspringt im Reich der Wirtschaft, wo der Innovationsdruck permanent und existentiell ansetzt. Zur Avantgarde werden diejenigen, die jeweils zum kritischen Zeitpunkt die ästhetische Ideologie in Sinne der fortschreitenden Technologie- und Wirtschaftsentwicklung rennovieren.
Jede Ästhetik ist (heuristisch) als Sublimation einer Funktionaliät zu analysieren. Jeder anhaltenden Morphologie liegt eine ökonomische Rationalität zugrunde. Die pragmatisch erwachsenden Morphologien stehen zunächst im Gegensatz zur dominanten Stilrichtung. Die schließlich einsetzende Ästhetisierung hat ihre eigene ökonomische Fuktion: Die ästhetische Bewertung von Städten und Gebäuden erlaubt eine unmittelbare, intuitive Orientierung, die das Resultat von (schmerzlicher) Erfahrung oder (aufwendiger) rationaler Analyse kondensiert und vergesellschaftet.
 Der, im Kontext dramatischer sozio-ökonomischer Umwälzungen sich formierende, radikale Funktionalismus der 20er Jahre (ABC Gruppe), ging über die schlichte, der spontanen Entwicklung folgende Nachrationalisierung des in die Krise geratenen ästhetischen Kanons hinaus. Er vollzieht die bewußte Suspension von Ästhetik überhaupt und proklamiert die wissenschaftliche Erarbeitung baulicher Formen.
Insoweit die wissenschaftliche Arbeit der zwanziger Jahre, tatsächlich eine, der industriellen Massengesellschaft (Fordismus) gemäße, funktionale Morphologie optimieren konnte, hatte auch die (unweigerliche) ästhetische Kodifizierung dieser Resultate in einem Internationalen Stil  eine ökonomische Funktion: Nachdem die neuen technologischen und wirtschaftlichen Bedingungen und Potentiale in (funktionale) Form gegossen waren, beschleunigte die Verfestigung zum Stil ihre Verbreitung. In dem 25jährigen Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit war diese Stilwerdung (und Möglichkeit formaler Nachahmung und ästhetisch verkürzter Bewertung) in der Tat ein Faktor in der rapiden, weltweiten Verbreitung der Errungenschaften der modernen Architektur.
Aber jede Praxis, die über einen längeren Zeitraum von der Ökonomie ästhetischer Wertung gebrauch macht, verfällt der idealistischen Illusion, daß, auch über die Grenze der jeweiligen sozial-ökonomischen Epoche hinaus, das Gute im Schönen identifiziert werden kann.

ZEITGEMÄSSE GESTALTUNG  -  STIL UND GEIST DER ZEIT

Die Zeit, das Wesen der Zeit, der Zeitgeist ect. wird hier mit der expandierenden Industriekultur identifiziert. Naumann spricht vom "Zeitalter der Maschine".
Der Zeit gemäß sein, der Zeit, d.h. der Gegenwart, Ausdruck zu verleihen, das ist eine der fundamentalsten metaphysischen Ansprüche der Modernen Architektur und Gestaltung. Der auf Hegel zurückgehende Begriff des Zeitgeistes ist Grundbegriff des größten Teils der deutschen Kunstgeschichtsschreibung des späten 19. und frühen 20.Jahrhunderts.
Die explizit auf Hegel rekurrierende Kunstgeschichte spürt den Zeitgeist sowohl in der hohen Kunst und Architektur, als auch in den kunsthandwerklichen Entäusserungen der Alltagswelt gleichermassen auf; so zum Beispiel in Riegls "Spätrömisches Kunstgewerbe". Das wesentliche metaphysische Moment dieser säkularisierten Exegese ist die a priori vorausgesetzte Singularität und Geschlossenheit des jeweiligen Zeitgeistes, der alle Lebensäußerungen einer Epoche gleichermaßen erfaßt. Der Begriff schließt tendentiell Pluralität, Heterogenität und die Offenheit der Zukunft aus. Wer den  Geist der Zeit erfasst hat, kontrolliert die  Entwicklung. Diese Exklusivität war bis in die jüngste Zeit als wesentliches Moment der Logik der  Avant-garde absolutes Grundgesetz des modernen Kunst- und Kulturbetriebs.
Ein zweiter wesentlicher Einfluss der deutschen Kunstgeschichtsschreibung der Zeit war der Begriff des Nationalcharakters, der philosophisch auf Herder zurückgeht. Zeitgeist und Volkscharakter (Volksgeist) spielen zum Beispiel in den einflußreichen Werken Heinrich Wölflins eine zentrale Rolle. So operiert Wölflin z.B. in "Die Kunst Albrecht Dürers" mit der fundamentalen Unterscheidung zwischen lateinischer und nordischer Sensibilität.(126)
Hermann Muthesius versucht die prinzipiell gegenläufigen Begriffe von Zeitgeist und Volksgeist für sein Programm der Modernisierung der deutschen Kunstgewerbeindustrie  zu vereinnahmen. Zunächst wird "moderner Gestaltungsgeist" aus universellen modernen Bedürfnissen rational abgeleitet und für Bahnhöfe, Markthallen und städtische Warenhäuser etc. kunsthistorische Anerkennung gefordert.: "Es wäre ganz verfehlt, solche aus vollkommen modernen Bedürfnissen erwachsenen und mit modernen Mitteln errichtete Bauten aus dem Gebiete einer noch so streng künstlerischen Betrachtung ausschließen zu wollen. ... Niemand wird sich dem befreienden, mächtigen Eindrucke entziehen können, den die modernen weit gewölbten Eisenhallen unserer Bahnhöfe machen, auch wenn sie vorerst nicht in die kunstgeschichtlichen Stile einrangiert werden. Diese Kinder einer neuen Zeit gehören ebenso in das Gebiet der Kunst wie die Kirche und das Museum, ja selbst reinen Ingeniuerbauten, wie der kühn geschwungenen Eisenbrücke wird man ein künstlerisches Interesse abgewinnen und in ihnen eine Äußerung menschlichen Kunstschaffens erblicken. Spricht doch gerade in ihnen ein vollständig neuer, moderner Gestaltungsgeist, der aus den eigensten Bedürfnissen unserer Zeit geboren ist und weit mehr ein echtes Kind derselben genannt werden muß, als die auf Stilwiederholung ausgehenden Bestrebungen unserer Architekten."(127)
Zunächst wäre hier anzumerken, daß der Zeitgeistbegriff insoweit er normativ angesetzt wird, indem die Spreu des Unzeitgemäßen vom Weizen des Zeitgemäßen zu trennen ist, in diesem Maße an  Totalitätsanspruch einbüßt und das Reale nicht mehr in seiner Gänze als das Rationale zu begreifen ist. Wenn man mit Marx die Hegelsche Philosophie materialistisch auf ihren rationalen Kern bringt, dann steht der Totalitätsanspruch des Zeitgeistbegriffes für den Systemzusammenhang einer (sozialökonomisch zu definierenden) Epoche. Dies bedeutet jedoch nicht, daß - gleichsam tautologisch -  alle synchronen Phänomene in gleicher Weise zeitgemäß sind. Ein solcher Begriff bliebe unkritisch und Entwicklung sowie Epochenwende wären unerklärlich. Nach Marx führt technologischer Fortschritt zu Spannungen im sozialen Gefüge. Dies bedeutet, daß das System in sich widersprüchlich wird (Widerspruch zwischen der technischen Produktivkraftentwicklung und den sozialen Produktionsverhältnissen). Insoweit sich aus einer solchen Konfliktkonstellation heraus eine neue systematische Lösung der Widersprüche, d.h. eine neue (sozialökonomische) Epoche antizipieren ließe, wäre ein Kriterium zur Identifizierung des (noch nicht) Zeitgemäßen vom (bald) Unzeitgemäßen möglich. Das Grundkriterium ist hier die Annahme einer gesteigerten Gesammtproduktivität des neuen Systems. Obwohl die Werkbundprotagonisten alles andere als einen Systemumsturz im Marxschen Sinne anstrebten, so wurde dennoch, unter dem Banner der Zeitgemäßheit, eine materialistisch ausgerichtete, wenn auch systemimmanente Kritik an den Verhältnissen vorgetragen. Unzeitgemäß war was dem technischen Fortschritt im Wege stand, d.h. kritisiert wurde eine Ästhetik, die Maschinenproduktion und die Phänomenologie der Industrielandschaft verachtet. Hier erstreitet der Werkbund eine notwendige Umwertung aller ästhetischen Werte. Naumann ästhetisiert die neue "Eisenlandschaft" und spricht von den hohen Fabrikessen als den "Minarets des Abendlandes". Und: "Der neue Eisenbau ist das größte was unsere Zeit künstlerisch erlebt."(128)
Muthesius verbindet seine ökonomisch-materialistische Kritik "unzeitgemäßer" Kunstgewerbeproduktion, die übrigens den Jugendstil in gleicher Weise wie Historismus und Eklektizismus betrifft, mit einer sozialen Komponente. Gegen den Jugendstilformalismus der "weichen, flüssigen Linie" steht was "Material, Zweckmäßigkeit und Konstruktion diktieren". Und: " Die erwähnte gefühlvolle Geschwungenheit aller Linien nimmt jedoch auf kein Material Rücksicht, sie zwingt das Buchornament, den Messingleuchter und das Möbel in genau diesselben Krümmungen. ... Dadurch wird sie aber, von allem anderen abgesehen, äußerst kostspielig und zwar aus einem unsachlichen Grunde kostspielig. Auch im allgemeinen genommen scheint es mit dem Geiste einer im ganzen sachlich und vernünftig denkenden Zeit wie der unsern wenig vereinbar, ein Material im entgegengesetzten Sinne davon zu behandeln, wie es seine Natur fordert. Die neue Bewegung würde an Überzeugungsfähigkeit und Volkstümlichkeit ungemein gewinnen, wenn in ihr mehr Natürlichkeit und gesunder Menschenverstand zur Geltung kämen. ... Zuugleich würde sich dann der wirtschaftliche Rahmen ihrer Erzeugnisse der grösseren Verbreitung im Volke anpassen, wodurch man dem Ziele der Verallgemeinerung derselben sofort einen grossen Schritt näher gerückt wäre. Was wir brauchen, sind nicht Gefühlsmöbel und eine Luxuskunst für die Reichen, sondern ein anständiges Hausgerät für den gemeinen Mann."(129)
Wie wäre in diesem Zusammenhang das Unzeitgemäße des  Stilhistorismus und Jugendstilformalismus  zu erklären? Muthesius identifiziert  hier einen sozialen Mechanismus, der im Marxschen Sinne das kapitalistische System einmal mehr als Fessel rationaler Produktion entlarvt. Muthesius spricht von sozialer Prätension, allerdings ohne zu effektiver Systemkritik vorstoßen zu können:
"Im Kampf der Gesellschaftsklassen um die Vorherrschaft entstand die gesellschaftliche Prätension." (130)
"Wandte sich von jetzt an der reich gewordene Bürger der Kunst zu, so tappte er im Dunkeln. ... Und in der Regel verfiel er, wie der Barbar auf das Glänzende und roh Auffällige, wobei natürlich häufig genug noch der Wunsch mitsprach, durch seine Kunstpflege zu prunken und seinen Reichtum zu zeigen. So entstand das für unsere Zeit so ausserordentlich bezeichnende Merkmal des Protzen- und Parvenugeschmackes."(131) "So übertrug man die Formen der Renaissance-Schlösser auf  das kleine Bürgerhaus."(132)
Die Verschwendung und Barberei des Stiltreibens, die Versündigung gegen den Zeitgeist, wäre also dem Statusgerangel der Klassengesellschaft anzulasten. Für Muthesius geht dieser Stich aber keineswegs gegen die Bürgerliche Gesellschaft, sondern gegen eine Gesellschaft, die sich noch nicht bürgerlich genug gibt, die noch von den Schlacken des höfischen Klassendünkels zu reinigen ist.
Zum anderen wird hier, in der Insistenz auf den Kunstbegriff  - dies läßt sich im Vorgriff auf das nachfolgende Zitat sagen -  , der (völkischen) Mystifikation der eigentlich klaren Forderung nach sachlicher Bedürfniserfüllung (im Sinne des neuesten Stands der Technik) der Boden bereitet.
"Unterdessen wirkte aber das nie rastende Leben weiter und schuf sich, während sich die Mutter Architektur auf Abwegen befand, selbst Formen für das, was es an Neuem hervorbrachte, die anspruchslosen Formen der reinen Sachlichkeit, es schuf unsere Maschinen, Wagen, Geräte, eisernen Brücken, Glashallen. Indem er dabei ganz nüchtern vorging, indem es praktisch, man möchte sagen rein wissenschaftlich verfuhr, verkörperte es nicht nur den herrschenden Geist der Zeit, sondern passte sich auch den unter dem Einfluss desselben sich umbildenden ästhetisch-tektonischen Anschauungen an, die immer entschiedener statt der früheren schmückenden Kunst eine sinngemässe sachliche Kunst verlangten.
Auf eine sachliche Kunst hatten im Grunde schon die unklaren romantischen Bestrebungen, soweit sie in der Architektur sich äusserten, abgezielt, sie waren  -  als höchst bezeichnendes Merkmal  -  im neunzehnten Jahrhundert zum ersten Male wieder auf jene nordischen Anschauungen einer im Kern ihres Wesens sachlich und werklich empfindenden Kunst zurückgekommen, die die gotische Zeit in so grosser Klarheit verkörpert. Nur der Umstand, dass sich die neugotische Schule in derselben Weise in das Äusserlich-Formale, in die blosse Stilauffassung verwickelte, wie die klassicistische es gethan hatte, konnte den grossen Umbildungsprozess etwas verdunkeln, der sich mit steigender Folgerichtigkeit zu vollziehen begann: den Ersatz des klassischen Schönheitsideals durch ein neues, dem nordisch-germanischen Geiste entsprechendes. Will man beide Ideale mit Worten charakterisieren, so kann man sagen, dass die Kunst der romanischen Völker das als allgemeingültig betrachtete formal Schöne anstrebt, während die germanische das Charakteristische, das Individuelle will. In dem Individualismus berührt sich die germanische mit derjenigen Kunstauffassung, die wir augenblicklich im besten Sinne als die moderne bezeichnen."(133)
Der moderne Zeitgeist wird hier als nordisch-germanischer (sprich deutscher) Volksgeist vereinnahmt, d.h. die Produktion der modernen Zivilisation wird als Vorrecht des deutschen Kapitals beansprucht. Muthesius verstrickt sich hier in eine Serie unauflösbarer Widersprüche. Das historisch Neue wird auf einen unhistorischen Begriff gebracht. Der Anspruch objektiver Sachlichkeit wird einer subjektiven Kategorie untergeordnet, dem deutschen Volkscharakter. Die Scheinlogik dieser  Ungereimtheiten wird über den Begriff der Kunst vermittelt. Die sachliche, aus modernen Bedürfnissen und Technologie wissenschaftlich begründete Form wird zur wahrhaft künstlerischen Form ausgerufen. An den Begriff von Kunst und Künstler schließen sodann die Mystifikationen von (Volks-)Geist und (nationalem) Charakter an.
Naumann spricht vom "deutschen Volksstil im Maschinenzeitalter", eine offensichtliche contradictio in adjecto, die aber beim Wekbund Programm ist und einmal mehr auf den Grundwiderspruch des Imperialistischen Weltwirtschaftsystems hindeutet. Dieser Grundwiderspruch der Epoche liegt darin, daß eine prinzipiell globale Technologie- und Wirtschaftsentwicklung in nationale Grenzen gesperrt bleibt und eine globale Zivilisation so in gegeneinander gesetzte, nationale Interessen zerfällt.
Muß der moderne Geist ein deutscher Geist sein, um die industrielle Führungs- und Vormachtstellung Deutschlands auf dem Weltmarkt unzweideutig reklamieren zu können? Die Frage, warum die anderen Völker gerade deutsches Geistesgut als ihren Segen annehmen sollten bleibt ungelöst.
Die völkischen Töne bei Muthesius mögen auch Tribut an jene weitverbreiteten, kleinbürgerlich-konservativen Strömungen und Organisationen der Kultur- und Lebensreformerischen Bewegung gewesen sein, die, den realen Existenzängsten dieser kleinbürgerlicher Schichten entsprechend, Industrialisierung, Internationalisierung und Großstadtleben als "undeutsch" ablehnten und ihrer Sehnsucht nach vorkapitalistischen Sozialformen (Dorf, Stamm, Volksgemeinschaft) mittels völkisch-rassischer Ideologie Ausdruck zu verleihen suchten. Der Deutsche Werkbund war mit diesen Strömungen in widersprüchliche Weise verwoben. So waren der "Bund für Heimatschutz" und die "Deutsche Gartenstadtgesellschaft" Mitglieder im Deutschen Werkbund.  Beide Organisationen lehnten die historisierende Kunst der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts ab, ebenso wurde die Abhängigkeit der Baukunst vom Ausland ("Ausländerei") beklagt, und allgemein eine Besinnung auf heimatliche Traditionen gefordert. Das waren gewisse Anknüpfungspunkte für den Werkbund, obwohl Konflikt vorprogrammiert war, insofern der Werkbund sich der modernen Industrieproduktion verschrieben hatte und Heimatschutz nicht zum Hemmnis für den industriellen Fortschritt werden durfte.
Der Bezug auf germanischen Character und Volksgeist kann kaum das eigentliche Ziel des DWB verschleiern, im Wettkampf um den Weltmarkt zu bestehen.
Adolph Loos artikuliert zur gleichen Zeit (1908) eloquent, daß nur in " alten zeiten viele kulturen friedlich nebeneinander platz" hatten, und daß, obwohl die gegenwärtige Weltkultur ihren Ausgang von England her genommen hat, nationale Kulturen der Vergangenheit angehören:  "Es mag für den deutschen nicht sehr angenehm sein, zu hören, er solle seine eigene Kultur aufgeben und die englische annehmen. Aber das hört der bulgare auch nicht gern und der chinese noch weniger. Mit sentimentalitäten ist dieser frage nicht beizukommen. Der ruf nach einem national-deutschen Stil mag in unklaren köpfen bei der kleidung noch einige verwirrung anrichten, auch bei betten und nachttöpfen. Aber bei Kanonen herrschen die englischen formen. ... Im zwanzigsten jahrhundert wird nur eine  kultur den erdball beherrschen."(134)

DEUTSCHER NATIONALSTIL

"... es handelt sich um eine ganz in sich einheitliche Kultur, die sich den anderen Völkern einprägt und aufprägt, um deutschen Volksstil im Maschinenzeitalter." (Naumann 1904) (135)
"Nur dadurch, daß England eigenes gab, wurden seine Stoffe, seine Teppiche, seine Möbel in den letzten zwanzig Jahren zu etwas, was auf dem Weltmarkt eine eigene Note darstellte. Der kommerzielle Erfolg maschiert ins Gefolge solcher innerer Werte." (Muthesius 1907) (136)
"Die deutschen Geschmacksindustrien, wie einst die französischen und englischen, werden nur dann eine Weltmacht werden, wenn wir zu unserem technischen Geschick, unserem Unternehmungsgeist und unserer Wissenschaft auch einen eigenen reifen Nationalgeschmack einzusetzen haben." (Jäckh 1912) (137)
"Die Welt wird erst dann nach unseren Erzeugnissen fragen, wenn aus ihnen ein überzeugender Stilausdruck spricht." (Muthesius 1914) (138)
Es ist bemerkenswert, wie das Thema eines nationalen Stilaus­drucks jeweils unmittelbar im Thema des internationalen Wett­bewerbs, als dem eigentlichen Ort des nationalen Projektes, aufgeht.
Ein neues deutsches Kunstgewerbe, so etwas wie einen orginalen Deutschen Stil zu formieren, das war das große Ziel des DWB. Ein solcher orginaler Nationalstil war nähmlich im Kunst­gewerbe bzw. in der Konsumgüterindustrie eine unabdingbare Voraussetzung von jegweder solider Qualitätsproduktion. Wer schon überhaupt das Geld für solide Qualität hat und ausgibt, der wird diese nur im Orginal (und niemals aus "zweiter Hand") beziehen. Um "up mar­ket" zu gehen und höherwertige Ware überhaupt absetzen zu können, bedarf es der orginalen Kunst. (Immitationen müssen billiger sein und können daher die Qualität nicht halten.) Daß die ambitionierte deutsche Industrie spätestens um die Jahrhun­dertwende an einem Punkt angelangt war, wo sie um diese Tatsache nicht mehr herumkam, habe ich im Kapitel über die "konkrete ökonomische Ausgangssituation" und im Kapitel über "Qualität" bereits ausgeführt und belegt. Warum ein Nationalstil formiert werden sollte ist also offensichtlich.

Daüberhinaus sei noch folgender prinzipieller Gesichtspunkt dazu erörtert, der bisher noch nicht zur Sprache kam, der aber wichtig ist und vielleicht so manche kontroverse Debatte innerhalb des DWB und den manchmal sehr scharfen Ton dieser Ausein­andersetzungen verständlicher macht.
Einen Nationalstil, eine (international wahrnehmbare) einheitliche Formkultur, eine einheitliche Front zu etablieren ist ein aufwendiges und ungewisses Unternehmen. Und das ist keineswegs ein künstlerisches Problem oder das Problem, daß ein wahrer nationaler Ausdruck über Generationen erst wachsen und herauskristallisieren müßte, wie oft innerhalb der DWB-Debatten argumentiert wurde. (Nein, künstlerisch kann ein neuer (National)stil über Nacht geschaffen werden, wie das Beispiel des Dritten Reiches zeigt.) Daß sich die Produzenten nicht einfach zusammenraufen und ihre individualistischen Geschmäcker bzw. die ihrer Künstler überwinden und gemeinsam entschließen, von nun ab nur noch in diesem oder jenem Stil, als dem "Deutschen Stil", zu produzieren, das liegt daran, daß dann anschließend doch jeder für sich allein mit seinem Kapital für diese Entscheidung einstehen und dieses riskieren muß. Auch wenn ein neuer Stil eine Chance auf überdurchschnittlichen Profit bringt, so ist das umgekehrt auch sehr gefährlich  - vor allem wenn man noch weit vom Monopol entfernt ist. Das bringt auch ein Syndikus des BdI (Bund der Industriellen) auf der II.Jahresversammlung des DWB 1909 zur Sprache:
"Ein Betrieb wie die A.E.G. kann seine Produktion ohne Rücksicht auf die Konsumenten gestalten und jenem seinen geläuterten Ge­schmack aufzwingen. In der Fertigungsindustrie ist aber die A.E.G. eine Ausnahme ... Die verarbeitende Industrie besteht vorwiegend aus mittleren Betrieben, die keineswegs mit so souveräner Willkür den Abnehmern ihren Geschmack aufdrängen dürfen und können. Sie liefern nämlich sehr viel auf den Weltmarkt, auf dem jedes Experiment die Gefahr in sich birgt, von der traditionell bleibenden Konkurrenz ausgeschaltet zu werden. ... Die kleineren und mittleren Betriebe der Fertigindustrie können das, was die A.E.G. mit plötzlichem Entschluß ins Leben gerufen hat, nur ganz allmählich verwirklichen und müssen sich ein Feld der Qualitätsarbeit erst vorsichtig suchen." (139)
Hier wird nicht nur bereits (aus berufenem Munde) bestätigt, daß die Monopolkonzerne die geborenen Avant-gardisten und damit auch die Kapitalisten von morgen sind (Avantgarde = das Prinzip kapitalistischer Dynamik), sondern es wird auch deutlich, daß, zum einen, man im Hauptstrom der französischen und englischen Stile immerhin nicht verhungerte und dort noch eine gewisse Absatzsicherheit fand und daß man andererseits, wenn man darüber hinaus wollte, einen ersten Anhaltspunkt, einen ersten Grundstein brauchte. Dieses Impasse konnte nur gleichsam in der Solidarität einer Glaubensgemeinschaft, die an den Erfolg glaubt und gemeinsam ins Dunkle vorstößt, überwunden werden. Man muße sich darauf verlassen, daß genügend (die kritische) Masse mitzieht, ohne letztlich ein Mittel, dies sicherzustellen an der Hand zu haben. Eine Organisation wie der DWB schien ein Mittel zu sein zumindest eine Glaubensgemeinschaft (mit kritischem Gewicht) zu formieren, ohne jedoch dem Einzelbetrieb die Bürde des Risikos abnehmen zu können. Der Versuch einer deutschen Renaissance als deutschem Nationalstil war in den 1870iger Jahren gescheitert. In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg gab es wenigstens den Halt des Deutschen Werkbundes, der mehr und mehr Firmen "verpflichtete" und es gab Anhaltspunkte wie den Jugendstil oder die Dresdner Ausstellung von 1906. Anfang der zweiten Dekade des neuen Jahrhunderts schien der Erfolg greifbar nahe. Trotzdem gab es immer wieder mahnende Stimmen, man solle bei der Stange bleiben und nicht in Stilimitation zurückfallen. So Muthesius 1911 in seiner Rede "Wo stehen wir?":
"Und sollten wir, alles was wir errungen haben, jetzt schon leichtsinnig beiseite werfen ... Allerdings ist der Modezug der mondänen Welt heute bei 1850 angelangt, ... Höher als die An­passungsfähigkeit an solche Vorgänge muß dem Künstler aber das Bewufltsein des Ernstes unserer Situation stehen. Denn große Werte stehen auf dem Spiel. Deutschland ... hat es verstanden, sich mit einem bewundernswerten Aufgebot von Kraft und Enegie die Führung im Kunstgewerbe anzueignen. ... Dürfen wir in einer solchen Stunde in die Imitation schlechtester Kunstepochen zurückfallen?" (140)
Hier drückt sich nicht etwa bloß der Widerspruch zwischen Ideal und Wirklichkeit, zwischen den künstlerisch Prinzipienfesten und den Prinzipienlosen aus, sondern ein schwer lösbarer Antagonis­mus auf dem Weg zum wirtschaftlichen Erfolg, der zudem eben nicht sicher voraussagbar ist. Ein schneller Modeerfolg mag in Widerspruch zu einer langfristigen Erfogsaussicht stehen und das im Werkbund und ähnlichen Verbänden organisierte kollektive Interesse der deutschen Industrie wird durch querschlagende Einzelinteressen (Individualisten) unterlaufen.
(Vor diesem Hintergrund ist auch (wie ich im nächsten Kapitel ausführen werde) der berüchtigte Werkbundstreit von 1914  - Typi­sierung oder künstlerische Freiheit -  zu verstehen.)

TYPISIERUNG

Das kollektive Interesse (der kapitalistischen Unternehmen wohl­gemerkt) wird bei Muthesius nicht nur mit nationalistisch-wirt­schaftlichen Argumenten vertreten, sondern vor allem mit kunst­ideologisch-ethischen Betrachtungen. Er laviert zwischen diesen beiden Ebenen (als hätte er den DWB- Antagonismus Unter­nehmer - Künstler verinnerlicht). Im nächsten, auf das oben Zitierte folgenden Abschnitt heißt es dann in "Wo stehen wir?":
"Sicherlich ist das Flüchtige mit dem innersten Wesen der Ar­chitektur unvereinbar. ...So strebt die Architektur nach dem Typischen. ...So ist die Wiedergewinnung einer architektonischen Kultur für alle Künste die Grundbedingung. ...Es handelt sich darum, wieder jene Ordnung und Zucht in unsrere Lebensäuße­rungen zu bringen, deren äußeres Merkmal die gute Form ist."(141)
Und im nächsten Abschnittt geht es dann wieder um die Stellung Deutschlands in der Welt. Das gleiche Argument wird dann 3 Jahre später auf der Jahresversammlung 1914 wieder aufgemacht. Diesmal aber mit größerem Nachdruck in der Form herausfordender 10 Thesen, die mit 10 Gegenthesen von Henry van de Velde (u.a. zusammen mit August Endell) erwidert wurden und eine heftige, tumultartige Debatte auslösten. Muthesius zog seine Thesen schliefllich zurück, anstatt sie wie geplant zur Abstimmung zu bringen. Wie man bei Junghanns erfährt, veröffentlichte Naumanns "Hilfe" anschließend eine "bösartige Kritik an der Van-de-Velde-Gruppe, und Jäckh als Werkbundsekretär veranlaßte eine entsprechende Kritik in der Tagespresse."(142)

Es gibt kaum eine Darstellung des DWB, die, so knapp sie auch sein mag, nicht auf diese Kontroverse hinwiese, wenn auch mißverstanden als:
-  "Frage nach dem Vorrang des Künstlerisch-individuellen oder des Anonym-industriellen" (Lexikon der Kunst)(143)
-  oder (abwegig) in Meyers Enzyklopädischem Lexikon als "Auseinandersetzung über die Standardisierung genormter Teile" (144).
-  Die Geschichte des Kunstgewerbes  (1935) sieht da gar einen "ewigen Dualismus"(145) am Werke.
-  Reyner Banhams Geschichte läßt sich so zusammenziehen: Zu­nächst sei der DWB ausgezogen, die noch nicht zwischen Form und Material unterscheidende Qualität der Produktion zu verbessern, bis dann 1911 Muthesius die Form als etwas Geistiges und als von der materiellen Qualität Unabhängiges gesehen und gefordert habe. Die Mu­thesius - Van de Velde - Kon­troverse, bei Banham "Type or Individuality", betrachtet er (wie die meisten Kunst-und Architekturgeschichtler) aus dem Blickwinkel der Modern Movement und bezeichnet van de Veldes Position als "spirited rearguard action by an outgoing type of designer"(146)
-  Joan Campbell ergreift ebenfalls Partei und sieht in jenem Konflikt den notwendigen Kampf gegen Vorurteile der Künstler in Bezug auf das Profitstreben der Wirtschaft.(vgl.Kapitel "Mono­graphien")
-  V.Hartmann/Fischer dagegen handeln die ganze Kontroverse schlicht als unnötiges Mißverständnis ab. Sie bedauern "wie hier im Kreise Gleich­gesinnter gegenseitiges Mißverständis, in der Hitze der Diskussion zu immer schärferer Polemisierung führte."(147) (Diese, aus wissenschaftlicher Sicht geradezu absurde "Theorie" bzw. Verleugnung des Konflikts, erklärt sich aus der Tatsache, daß in einer Einleitung zur historischen Textesammlung des DWB die Würde desselben wohl unantastbar ist. Somit sind die Autoren geneigt, innere Widersprüche zu übergehen und sie wollen hier insbesondere keine Partei ergreifen. Beide Seiten des historischen Konflikts  - Muthesius und Van de Velde -  sollen wohl makellos auf der Ahnentafel des DWB plaziert bleiben.

Worum hat es sich da nun aber wirklich gehandelt ?
Der hier entfalteten Analyse zufolge handelte es sich da   - wenn auch idealistisch (ideologisch) auf ewige Werte wie das "innerste Wesen der Architektur"(Muthesius) oder auf der anderen Seite auf den Künstler als seiner "innersten Essenz nach glühender Individualist" rekurriert wurde -  um einen Konflikt über eine wirt­schaftsstrategische Macht- und Weichenstellung der Deutschen Fertigwarenindustrie in einer spezifischen historischen Situation.

Hier zunächst die 10 Thesen Muthesius' in distillierter Form:
(Muthesius gleichsam als Sprecher ambitionierter Groflbetriebe, die es mit Gewinn wagen können, international Profil zu zeigen.)
"1. ... das ganze Werkbundschaffensgebiet drängt nach Typisierung...
 2. Nur mit Typisierung ... ein sicherer Geschmack
3. ... wirksame Ausstrahlung ... auf das Ausland
4. Die Welt wird erst dann nach unseren Erzeugnissen fragen, wenn aus ihnen ein überzeugender Stilausdruck spricht. Für die­sen hat die bisherige deutsche Bewegung die Grundlagen geschaf­fen.
5. ... Jedes Zurück- und Abfallen in die Nachahmung würde heute die Verschleuderung eines wertvollen Besitzes bedeuten.
6. ... für Deutschland eine Lebensfrage ... Vorbedingung für einen kunstindustriellen Export ...
7. ... Propaganda ... Ausstellungen ...
8. ... Kunstgewerbliche Ausstellungen sind als nationale Angele­genheit zu betrachten und bed¸rfen daher öffentlicher Unterstützung.
9. Für einen etwaigen Export ist das Vorhandensein leistungs­fähiger und geschmacklich sicherer Großgeschäfte die Vorbedin­gung. ...
10. Aus nationalen Gründen ... die deutsche Kunst mit Bewußtsein in der Welt vertreten.(148)

Die 10 Gegenthesen van de Veldes in distillierter Form:
(Van de Velde gleichsam als Sprecher mehr mittelständischer, auf künstlerische Flexibilität und Anpassungsfähigkeit angewiesener Betriebe.)
"1. ... Der Künstler ist seiner innersten Essenz nach glühender Individualist, freier spontaner Schöpfer ..."
(Kommentar: So wie der einzelne mittelständische Kapitalist im Ggs. zu den Groflkonzernen ganz "individualistisch" auf sich gestellt ist und sein individuelles Kapital persönlich einsetzt und riskiert.)
"2. Gewiß hat der Künstler ... immer erkannt, dafl Strömungen, die stärker sind als sein einzelnes Wollen und Denken, von ihm Ver­langen, dafl er erkenne, was wesentlich seinem Zeitgeiste ent­spricht. Diese Strömungen ... haben materiell und moralisch etwas für ihn zwingendes ... "(Hervorhebung hinzugefügt)
(Kommentar: Diese Strömungen, d.h. übersetzt die aktuelle Markt­lage und nicht der nur potentielle Chancen versprechende Frak­tionszwang den Muthesius einklagt, ist der Maßstab, an dem der individuelle mittelständische Unternehmer sich auf Gedeih oder Verderb tatsächlich bewähren und als flexibel und anpassungs­fähig erweisen muß.)
"3. ...daß mehrere Generationen an dem noch arbeiten m¸ssen ...  ehe die Physiognomie des neuen Stiles fixiert sein wird, und dafl erst nach Verlauf einer ganzen Periode von Anstrengungen die Rede von Typen und Typisierung sein kann."
(Kommentar: vgl. mit den oben bereits zitierten Ausführungen des Syndikus des BdI: "Die kleineren und mittleren Betriebe der Fertigindustrie also können das, was die A.E.G. mit plötzlichem Entschluß ins Leben gerufen hat, nur ganz allmählich verwirkli­chen und müssen sich ein Feld der Qualitätsarbeit erst vorsich­tig suchen.")
"4. ... Reiz des schöpferischen Schwungs ...
5. Das Verlangen, einen Typ noch vor dem Werden eines Stiles entstehen zu sehen, ist geradezu dem Verlangen gleichzusetzen, die Wirkung vor der Ursache sehen zu wollen. ... Diese vorzeiti­gen Wirkungen haben umsoweniger Aussicht, eine wirksame Aus­strahlung des deutschen Kunstgewerbes auf das Ausland zu errei­chen, als eben dieses Ausland einen Vorsprung vor uns hat in der alten Tradition und in der alten Kultur des Geschmacks.
6. ... Kastration ... , wenn man diesen reichen, vielseitigen schöpferischen Aufschwung jetzt schon festlegen will.
7. -
8. ... Andererseits ist uns der Fluch wohl bekannt, der auf unserer Industrie lastet, exportieren zu müssen.
9. Es ist ein vollkommenes Verkennen des Tatbestandes, wenn man Industriellen glauben macht, sie vermehrten ihre Chancen auf dem Weltmarkt, wenn sie a priori Typen produzieren für den Welt­markt, ehe diese ein zu Hause ausprobiertes Gemeingut geworden seien.
10. Jede Ausstellung muß das Ziel verfolgen, der Welt diese heimische Qualität zu zeigen ...(149)"

Diese zwei in Gegensatz zueinander stehenden Perspektiven für den wirtschaftlichen Einsatz von künstlerischer Produktgestal­tung hatten damals jeweils ihre reputierte Künstlerpersönlich­keit gleichsam als Sprachrohr gefunden.
Einerseits, die große national-wirtschaftliche Perspektive, die auf die großen Oligopolkonzerne setzte, fand ihren passenden Fürsprecher in dem geheimen Regierungsrat im preußischen Han­delsministerium Herrmann Muthesius, der im DWB die künstleri­schen Produktivkräfte national zu organisieren versuchte.
Andererseits, die Perspektive der mittelständischen, auf Flexi­bilität angewiesenen Industrie fand ihren passenden Fürsprecher in dem selbstständigen Designer Henry van de Velde, der für viele verschiedene mittelständische Unternehmen entwarf: von Möbeln über Glas zu Keramik.

Daß diese Kontroverse für die Streiter und Mitstreiter subjektiv von tiefster idealistisch-philosophischer Überzeugung getragen wurde, tut der Analyse der Basis dieser Kontroverse keinen Ab­bruch.
Trotzdem möchte ich auf die Philosophie Muthesius' noch etwas näher eingehen, mit der er der Forderung nach Typisierung pathe­tisch Nach­druck verlieh, als scheide sich an ihr Kultur von Unkultur. Von diesem Pathos ist zwar im Referat und den Thesen von 1914 kaum etwas zu spüren, dafür aber umsomehr in dem Refe­rat von 1911 "Wo stehen wir?", wo Muthesius diesem Begriff des Typischen eine quasi-religiöse Weihe und Bedeutung verleiht, die sich nicht mehr allein als Ausdruck einer Weltmarktstrategie begreifen läßt. Vielmehr spricht aus diesem Text ein unüberhör­barer Kul­turpessi­mismus, allerdings mit Hoffnung auf Rettung durch die neuesten, vom DWB mitgetragenen Kulturentwicklungen. Muthesius' sehr scha­rfe Verurteilung des "zersetzenden" Stil­treibens des 19.Jahrhun­derts und andererseits des einseitig wissenschaftlich-techni­schen Denkens, das das Gefühl für Form ausgelöscht habe, sein Leiden somit an der Formlosigkeit unserer modernen "hetero­genen, ungeklärten Zustände", seine Klage, der Mensch könne "die kosmi­schen Bildungsgesetze, die ihm vom Schöp­fer eingepflanzt waren, nicht mehr zusammenhalten", seine Sehn­sucht nach einer "ryth­misch-architektonischen Lebensbetätigung", ähnlich der der "Ur­völker", sein Traum einer Ästhetisierung des Lebens in Spra­che, Gestik, Schicklichkeit, Kleidung, Tanz und in der alles unter ihre Fittiche nehmenden Architektur, sein Sehnen nach einer verlorenen Zeit also, wo "die Form stets uneinge­schränkt geherrscht hat", seine Forderung schliefllich jene "Ord­nung und Zucht aller unserer Lebensäuflerungen" wiederzugewinnen, all dies ist der Ausdruck von Unerfülltheit angesichts des alle bisheri­gen, gebundenen Gesellschafts- und Kulturformen auflösen­den Kapitalismus, der unstetige Geldbeziehungen (mehr und mehr) an die Stelle aller bisherigen, durch Tradition verbrieften Bande setzt. Muthesius lokalisiert diesen Prozeß allerdings im Denken und Fühlen der Menschen und hat deshalb Hoffnung man könnte zur "architektonischen Kultur" zurückfinden. Und Deutsch­land soll der Ort dieses "Zeitenschicksals" sein. Man kann in dieser sen­timentalen, rückblickenden (regressiven) Utopie, wie sie Muthe­sius 1911 formuliert, schon spüren, wie derartige Sehn­süchte nach einer gebundenen Gesellschaftsform sich für eine totalitäre Gleichschaltung der Gesellschaft ausnützen lassen.
(Reyner Banham spricht in Bezug auf Muthesius' Begriff der Typi­sierung von "sociological overtones", aber ohne weitere Erklärung. Muthesius Forderung nach Besinnung auf Form wird wieder mal nur rein kunstimanent bzw. rein ideengeschichtlich herge­leitet, als wahrscheinlich beeinflußt durch Hildebrandts Buch "Problem der Form". Dieses Buch selbst kann er wiederum nur als Gegenbewegung zum Impressionismus erklären usw. Diese Erklärun­gen sind nicht falsch, im Gegenteil, nur: Man sollte weiter fragen, warum dieses Buch Hildebrandts, das von künstlerischer Anarchie und vom Verlust von Form spricht, zwi­schen 1893 uns 1907 fünf Auflagen erzielte.)

Muthesius' Forderung disziplinierter, typisierter Form war wahr­scheinlich auch durch den geometrischen Neoklassizismus, dem Peter Behrens sich zur selben Zeit einfluflreich zuwendet, moti­viert, und somit wäre, was einerseits aus einer tiefgegründeten Nostalgie sich speist, doch auch nicht unabhängig von dem "ober­flächlichen" Wellengang der Mode, wie auch zuerst und zuletzt der generellen Strategie des Nationalstils folgend. (Und es wäre undifferenziert, nicht auch 3 scheinbar völlig verschiedene, zum Teil widersprechende  Momente in der Erklärung eines Ideenkom­plexes zuzulassen.)

Muthesius äußert in "Wo stehen wir?" die Hoffnung, daß die Orga­nisation (und Konzentration) der Wirtschaft in Großbetrieben, Kartellen und Verbänden, die ja damals in großem Tempo immer mehr Bereiche der Wirtschaft erfaßte, sein Projekt der diszipli­nierten Formkultur befördere:
"Diese soziale und wirtschaftliche Organisationstendenz hat aber eine geistige Verwandschaft mit der formalen Organisationsten­denz unserer Künstlerischen Bewegung."(150)
Auf diesem Analogieschluß läßt sich dehalb natürlich nicht wirk­lich aufbauen, weil es ja gerade der zum Oligopol- und Monopol­kapitalismus führende Konzentrationsprozeß ist, der, was die materiellen Güter und deren Ästhetik angeht, der wesenhaften Form  - von den gesellschaftlichen Banden ganz zu schweigen -  mittels kalkuliertem ästhetischem Verschleiss den Garaus macht.
Zwar erreicht man mittels der Monopole auf ästhetischem Gebiet relativ schnell eine wirksame Avantgarde und schließlich Ein­heitsfront, allerdings nur, um, nachdem der Markt gesättigt ist auf eine neue Mode umzuschalten.
Es ist erstaunlich wie naiv Muthesius zu unterschätzen scheint, daß das Kapital seine eigene Gesetzmäßigkeit hat und künstle­risch natürlich völlig prinzipienlos ist. Andererseits hatte er klar erkannt (im Gegensatz zu den puren Nostalgikern Ruskin und Morris) daß ohne die (Groß)industrie kein Start zu machen ist. Was Muthesius 1911 bis 1914 blendet ist die Tatsa­che, daß der Werkbundstil als neueste Mode die Unterstützung der Großindustrie (für eine gewisse Zeitspanne) erlangte, und dadurch schnel­le Verbreitung erfuhr, wobei sich die idea­li­stisch-kulturelle Ideologie von Muthesius trefflich im Wettbewerb ins Felde führen ließ.

STILEINHEIT UND GESAMMTKUNSTWERK

Unter dem Begriff und Anspruch des "Gesammtkunstwerkes" ist im Bereich des Kunsthandwerks der Anspruch auf einheitliche künstlerische Durchgestaltung, d.h. Stileinheit,  aller häuslichen Bedarfs- und Einrichtungsgegenstände bezeichnet. 
Dies konnte erst auf der Basis des im 19.Jahrhunderts entfalteten,  national und international ausgeweiteten Warenverkehrs und der damit einhergehenden Stilvielfalt zu einem bewußten Anliegen und  Programm werden. Vorher war Einheitlichkeit des Stils eine ebenso unausweichliche wie unreflektierte Selbstverständlichkeit. Bei Muthesius findet sich die historische Bedingtheit dieses Werkbundanliegens explizit reflektiert:  "Früher gab es keine Stile, sondern nur eine gerade herrschende Kunstrichtung, der sich mit völliger Selbstverständlichkeit Alles unterordnete. Erst im neunzehnten Jahrhundert wurde die Menschheit aus diesem künstlerischen Paradiese vertrieben, nachdem sie vom Baume der Erkenntnis gepflückt hatte." (Muthesius 1903) (151) Das gotische Mittelalter war für Muthesius das beste Beispiel dieses Paradieses, in dem ein Stil oder eine Zeit "durchaus einheitlich in allen ihren Erscheinungen, alle Leistungen der menschlichen Hand durchdringend" (152) war. Das Gleiche galt noch vom Rokoko: "Es spiegelte nicht nur das Leben der Zeit in einer vollendeten Weise wieder, sondern durchdrang auch, ähnlich wie es in der Gotik der Fall gewesen war, alle Lebensäußerungen der Zeit vollkommen. ... Von der Tabakdose des einfachen Bürgers bis zum vollendetsten Kunstmöbel der fürstlichen Zimmerausstattung, von der kleinstädtischen Bürgerhausfacade bis zur prunkenden Jesuitenkirche haben wir ein vollständig einheitliches Kulturbild vor uns."(153) Von diesem Rückblick her bestimmt Muthesius dann das Ziel der vom Werkbund organisierten neuen Kunstgewerbebewegung: "Mit grosser Klarheit hat sie ihr Ziel von Anfang an im Innenraume gesehen und diesen zum erstenmal wieder seit den Tagen der älteren geschlossenen Kunsttradition als einheitliches Ganzes aufgefasst."(154) In diesem Sinne artikuliert Friedrich Naumann in sener Schrift "Deutsche Gewerbekunst", die als Flugschrift zur Vorbereitung der ersten Jahresversammlung des Werkbundes 1908 zirkulierte, die Einheit des Raumes als eines von acht dort aufgelisteten äußeren Merkmalen an denen die neue Richtung erkennbar sei: "Der Raum wird als Einheit erfaßt ... : die Schränke stehen nicht als Fremdkörper an den Wänden, der Tisch ist ein Verwandter vom Schrank, das Fenster ist ein Teil der Nische, die Lampe paßt zur Decke, und der Ofen ist kein wüstes Ungeheuer, die Polsterungen entsprechen den Holzformen, ... ."(155)
Dieses relativ moderne Anliegen einer bewußten, durchgehend künstlerischen Stileinheit war z.B. in den Bauten der Darmstädter Künstlerkolonie von 1901 bereits offensichtlich. In Bosserts Geschichte des Kunstgewerbes wird der Gesichtspunkt der durchgehenden Stileinheit  - "vom Sofakissen zum Städtebau" (156) -  hervorgehoben:
"1901 tritt die Darmstädter Künstlerkolonie mit einer zu jener Zeit ganz neuartigen Austellung hervor; sie umfaßt lauter wirkliche Wohnhäuser, neu erbaut, mit allen Einrichtungsgegenständen versehen und zum künftigen Bewohnen bestimmt. Die Künstler erproben sich also an praktischen Aufgaben, jedoch mit dem hohen Anspruch, der in dem Ausstellungstitel ausgesprochen ist: ein "Dokument deutscher Kunst" zu schaffen. Die Architektur der Häuser stammt durchweg von Olbrich, nur Behrens, der ehemalige Maler, will den vollen Einsatz leisten; er baut sein Haus selbst und bildet es vom Außenbau bis zum Eßbesteck einheitlich durch wie ein Kunstwerk, wie ein reiches kunstgewerbliches Einzelstück."(157) Weiterhin: "Deutschland unternimmt in der "Dritten allgemeinen deutschen Kunstgewerbeausstellung" in Dresden 1906 eine große programmatische Schau, die in dem was sie zeigt, weit über das hinausgeht, was man bisher unter Kunstgewerbe verstand. Bildende Kunst, Architektur, Handwerk und Industrie werden in ihrem wechselseitigen Verhältnis vorgeführt. Die Ausstellung will zeigen, wie die vielartigen modernen Ideen auf die Gestaltung aller Dinge unserer Umwelt Einfluß gewinnen wollen und bereits gewonnen haben; sie umfaßt dementsprechend Wohnungsbau- und Einrichtung, Siedlungs-, Kirchen- und Gartenbau, Dampfschiffausstattung und Maschinenbau. Die kunstgewerblichen  Einzelstücke werden im Rahmen von Läden vorgeführt, die ihrerseits ebenfalls Anspruch auf musterhafte Gestaltung erheben. ...
Die bayrische Landesausstellung München 1908, an sich eine Wirtschafts- und Industriemesse, zeigt vielleicht noch deutlicher die Ausdehnung, die die ürsprüngliche kunstgewerbliche Bewegung genommem hat: hier ist auf eine einheitlich gute äußere Darbietung (vom Ausstellungsgelände mit Bauten und Gartenplastik bis herab zur Tracht der Bedienten in den Restaurants) kaum weniger Wert gelegt als auf die Qualität der Austellungsobjekte selbst."(158)
In einer zeitgenössischen Rezension der dritten deutschen Kunstgewerbeausstellung in Dresden 1906, wurde bereits der ersten deutschen Kunstgewerbeausstellung in München 1876 das explizite Ziel zugeschrieben, "den verlorenen Zusammenhang zwischen aller bildenden Tätigkeit wieder herzustellen"(159), allerdings wurde diesem frühen Versuch aus der Sicht von 1906 ein völliges Scheitern bescheinigt.
Diese Art von bewußt konstruierter Stileinheit macht erst Sinn vor dem Hintergrund des kapitalistischen Warenverkehrs des 19.Jahrhunderts, der die ursprüngliche Einheit erst sichtbar macht.  Dies wird u.a. in den folgenden Ausführungen Friedrich Naumanns offensichtlich: " Wenn wir uns das Wort Kunstgewerbe im alten Sinne vorstellen wollen, so denken wir an einen Raum, dessen Wand mit pompejanischen Farben und Linien geschmückt war, dessen Fußboden einen guten Brüssler Teppich hatte, dessen Möbel der Zeit Napoleons I. entsprach und auf dessen Tischplatten eine Mischung von Meißner Porzellan und Japanischem Kleinkram stand. Das Kunstgewerbe machte die Räume zu einer Art von Museen, die neue Kunst will diesen Sammlungs- und Raritätencharakter überwinden und eine Lebensumgebung bieten, die mehr aus einem Guß ist, von der Architektur an bis zur Fruchtschale und vom Dienstmädchenzimmer bis zum Empfangsraum."(160)
Die hier in proklamierte Vereinheitlichung erst am Ende des Jahrhunderts in der Phase des Monopolkapitalismus (organisierte Industrieverbäne, DWB, Handels- und Außenministerium) möglich, d.h. organisierbar. So lag die Durchführung der  Austellung  von 1908 in München bereits in den Händen des Deutschen Werkbunds.
Die Notwendigkeit einer kritischen stilistischen Masse, um auf dem Weltmarkt wahrgenommen und entsprechend wertgeschätzt zu werden, wurde im letzten Kapitel über den Nationalstil erörtert. Ein weiterer Aspekt von Stileinheit ist die stilistische Kohärenz zur Etablierung einer Markenidentität. Darüberhinaus geht die durchgehende Gestaltung einer Corporate Identity, wie sie in voller Konsequenz bei der AEG unter Mitwirkung von Peter Behrens - in der Position des "künstlerischen Beirats" - durchgeführt wurde und sowohl graphische Präsentation, Produkte, sowie Produktionsstätten mit einbeschließt. Hier wird der Monopolkonzern selbst zum Gesammtkunstwerk. "Der Betrieb - vom Geschäftsbrief bis zur Fabrikhalle, vom Einzelprodukt bis zur Verkaufshalle -  wird als "Gesammtkunstwerk" angesehen."(161)
Die spezifische Logik der Idee des Gesammtkunstwerks wird jedoch am deutlichsten im Begriff der "Raumkunst". Unter diesem Titel  - in der Sektion "Raumkunst" -  wurden auf der III. deutschen Kunstgewerbe-Austellung in Dresden 1906 einhundert-vierzig Innenräume ausgestellt. Dazu kamen noch eine Anzahl eingerichteter Häuser. Seither war diese Art von Gesammtkunstwerk die privilegierte Form der Kunstgewerbepräsentation. Angeboten wurden nicht Einzelstücke, sondern ganze Salons, Herren- bzw. Damenzimmer, Eßzimmer und Schlafzimmer etc. Die bestätigt auch Friedrich Naumann 1908:
"Im allgemeinen geht die Absicht der Raumgewerbe dahin, daß der Kauf von einzelnen Stücken vermindert und die Bestellung ganzer Häuser oder wenigstens ganzer Räume zunimmt."(162)
Peter W.Kallen erörtert in diesem Sinne die Werkstättenbewegung am Beispiel der Dresdner Werkstätten: "Man zeigte in den Verkaufsstellen vornehmlich geschlossene Raumentwürfe. Das entlastete den Konsumenten, bot auf der anderen Seite dem Betrieb aber die Möglichkeit, ein eigenes Erscheinungsbild zu manifestieren, quasi qua firmenspezifischem Raumensemble dem potentiellen Käufer als "Markenartikel" in Erinnerung zu bleiben. ... Diese moderne, hochinteressante, psychologische Verkaufspraxis, die heute bis zur Perfektion ausgearbeitet ist, diente dazu, die Produktion des Betriebes modellhaft ... als homogene Gesamtheit darzustellen. Das geschah nicht nur mit den Möbeln der Werkstätten, sondern auch mit den, in den Verkaufsstellen der Dresdner Werstätte mit zur Ausstellung kommenden, daran gebundenen Beleuchtungskörpern und Spielsachen der Dresdner Produktion. Gleichfalls mit Tapeten und Textilien, die im Auftrag der Werkstätte in Vertragsfirmen angefertigt wurden."(163)
Anders als Kallen würde ich hier nicht die Entstehung einer psychologisch wirksamen (d.h. an gegebene Psychologische Mechanismen sich anschließende) Präsentationsform von (gegebenen) Waren betonen, sondern meine Hypothese  - gemäß den Prinzipien des historischen Materialismus - ist, daß es sich  hier um die Forcierung eines neuen,  umsatzträchtigen Kosummusters handelt, um die manipulative Herstellung eines Bedürfnisses und der Installation eines neuen Psychologischen Mechanismus. Soweit Kaufkraft für derartige Konsumbündelung da war, war der Gesammtumsatz an Hausgestühl und -geschirr natürlich  so wesentlich, gegenüber Einzelzukauf, gesteigert. Jeder Modezyklus und der entsprechende ästhetische Wertverfall  ging jetzt tendentiell jeweils  auf das Ganze des Warenkorbes. (So ist Muthesius z.B. stolz auf eine ästhetische Folgerichtigkeit,die "so folgerichtig ist, dass selbst der orientalische Teppich darin zum Fremdling wird"(164)) Dieser neue Reproduktionsmechanismus, der eine weitreichende Orchestrierung der Produktion, sowie ausgedehnte Werbekampagnen voraussetzt,  ließ sich nur auf der Basis des Monopolkapitalismus installieren.

Eine derartige materialistische Erklärung des Phänomens der Raumkunst und Stileinheit sollte uns genügen. Dies schließt natürlich nicht aus, daß sich an das damals neu aufkommende Phänomen des Stilbewußtseins und der  Stilvereinheitlichung nicht idealistische Träumereien und kultur-utopische Hoffnungen knüpften, die darin die Anzeichen einer ästhetisch vermittelten Überwindung der vielfach kulturpessimistisch kritisierten Zerrissenheit moderner Gesellschaft und die Wiederherstellung einer verlorengegangen Gemeinschaft sehen wollten. Derartige Stimmen gab es damals viele, insbesondere auch im Werkbund und seinem Umfeld. Auf derartigen ideologischen Phänomenen läßt sich allerdings keinesfalls eine substantielle (Kunst)Geschichtsschreibung aufbauen. Genau dies versucht jedoch beispielsweise Markus Bernauer mit seiner Interpretation der Modernen Architektur in "Die Ästhetik der Masse". (165) Mit Markus Bernauer greife ich mir hier, um gleichsam ein Exempel zu statuieren,  mit Sicherheit einen der intelligentsten und soziologisch reflektiertesten,  idealistischen Kunstgeschichten der Moderne heraus.
Die moderne Architektur wird als "Ästhetik der Masse" interpretiert,  als Antwort auf ein postuliertes,  um die Jahrhundertwende tatsächlich vielfach beschworenes, Bedürfnis nach einer neuen, Gemeinschaftsstiftenden, künstlichen Mythologie: Kunst als  Ersatzreligion. Die im Zuge der Industrialisierung und der Etablierung des Kapitalismus zerrüttete organische Einheit der Gesellschaft sollte äesthetisch rekonstruiert werden, und so die "moderne Atomisierungserfahrungen, der Destruktion sozialer Ganzheiten"(166) überwunden werden. Bernauers Weg führt vom  Ästhetizismus des fin de siecle über den Werkbund und die Idee des Gesammtkunstwerks zu den modernen Stadtkonzepten von Gropius und Hilbersheimer.
Hilbersheimers Anspruch, die Stadt  vom Innenraum der  Zelle bis zur Großstruktur konsequent reziprok zu entwickeln, läßt sich durchaus in die Nachfolge der hier dargelegten Werkbundkonzepte setzten. Aber die ideengeschichtliche Genealogie einer Idee sagt noch nichts über deren Relevanz und Überlebensbedingungen aus. Die Idee der einheitlichen Durchgestaltung konnte sich weiter entfalten (und sogar in ein qualitativ neues Stadium übergehen), insofern die materielle Grundlage dieser Idee  - der große Konzentrationsprozeß des Kapitals und der Fortschritt einer immer tiefer ins Leben greifenden Industrialisierung  -  sich nicht nur weiter entwickelt hatte, sondern, aufgrund der sozialen Revolutionen nach dem 1.Weltkrieg, einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht hatte und in die qualitativ neue Phase des Fordismus eintrat, indem die Masse der Arbeitenden Bevölkerung erst so recht seinen Platz als Kunde auf dem Konsum- und Wohngütermarkt erstritten hatte.
Bei Bernauer dagegen geht es nicht um materielle, gesellschaftliche Prozesse, sondern um Ideen und Intentionen:
"Hier ist eine Ästhetik der Masse intendiert, die nicht einfach Ordnung ins Leben bringt, sondern Ordnung nur noch als geordnete Künstlichkeit zu denken gestattet und deshalb soziales Leben in seiner Ganzheit organisiert und gestaltet. Geplant wurde ein Kollektiv, dessen Begründung in der Kunst liegen soll. Kein Hinweis auf kunstspezifische Probleme, für die Architektur etwa auf den Stilmischmasch des späten 19.Jahrhunderts, kann ausreichende Begründungen für diese Formen homogenisierender Gestaltung bereitstellen, denn immer zielt diese über die Kunst hinaus gerade ins soziale Leben - und alle Künste beteiligen sich auf ihre Weise an dem Projekt einer Ästhetik der Masse. Es ist daher nach einem gemeinsamen zeitgeschichtlichen Erfahrungshorizont zu fragen; dieser wird nicht zuletzt bestimmt durch die Desintegration sozialer Einheiten und den Willen dieser Desintegration entgegenzusteuern."(167)
Obwohl Bernauer eine rein kunstimmanente Erklärung der Kunst ablehnt, und auf die Entwicklung des Kapitalismus ("Desintegration sozialer Einheiten") rekurriert, so bleibt er dennoch in einem idealistischem Zirkel befangen, indem er die "Ästhetik der Masse" eben nicht nach ihrem  eigenen, konkreten, materiellen  Beitrag zur gegenwärtigen gesellschaftlichen Reproduktion und ihrem daran geknüpften Überlebens- bzw. Proliferationsmechanismus befragt, sondern die raison d'etre dieser "Ästhetik der Masse" an dem angeblichen psychologischen Mechanismus einer (natürlichen?) Gegenreaktion gegen das Verschwinden einer vergangenen gesellschaftlichen Reproduktionsform sucht.
Damit führt bei Brenauer, trotz soziologischer Referenzen, die Abwesenheit einer konsequent materialistischen Fragestellung zu unverantwortlichen Unterlassungen und einer letztendlich absurden Bewertung des Phänomens der modernen Architektur. Man mag Markus Bernauer durchaus darin folgen, die Arbeiten Ludwig Hilbersheimers als paradigmatisch für die moderne Architektur zu nehmen. Das fatale an Bernauers Überlegungen ist jedoch, daß er das Werk Hilbersheimers, nur als Idee, als Ideologie und quasi-religiöse Heilslehre betrachtet und den instrumentellen, materiellen Zusammenhang mit der massiven Bauproduktion im Sinne des fordistischen Reproduktionsmodells, daß samt moderner Architektur über ein halbes Jahrhundert lang einen weltweiten, materiellen Siegeszug gefeiert hat, ausklammert und so zu der so absurden, wie heute weit verbreiteten, Bewertung der modernen Architektur als ideologischem Fehler (gegen die Natur des Menschen?) kommt. Bernauer's These wäre nur dann überhaupt denkbar, wenn sich die moderne "Ästhetik", als ideologische Komponente von der funktionalen Morphologie abspalten ließe. Das ist jedoch hier kaum möglich. Gerade die serielle Struktur (und "Stileinheitlichkeit"), auf die ja Bernauers "Ästhetik der Masse" offensichtlich angewiesen ist, läßt sich nicht vom fordistischen Reproduktionsmodell ablösen und als rein ästhetisches Pänomen abhandeln; abgesehen davon, daß dieses Bernauersche Manöver dem expliziten Projekt des Funktionalismus ins Gesicht schlägt, einem Projekt, das sowohl kunsttheoretisch, als auch sozial-philosophisch prinzipiell auf höherer Reflektionsstufe steht als Bernauers Idealismus.

ARBEITSFREUDE

In einer Ideologie-kritik der  Ideale des Deutschen Werkbundes sollte das Ideal der "Arbeitsfreude" nicht fehlen. Es gibt kaum eine kunstgeschichtliche Thematisierung des frühen Werkbundes , die nicht auf "Arbeitsfreude" als einem wesentlichen Anliegen des Werkbundes referieren würde. So zitieren z.B. von Hartmann/Fischer eine entsprechende Formulierung des ersten 1.Vorsitzenden des DWB Theodor Fischer: "Wir wollen der Arbeit , dem Werk wieder den Wert verschaffen, den sie in besseren Zeiten gehabt haben, da die Arbeit eine Freude sein konnte."(168)
Dieses, dem Werkbund in der Folge immer wieder zugeschriebene Ziel der Wiedergewinnung der Arbeitsfreude, fällt insofern aus der Reihe der hier untersuchten Werkbundideale heraus, als es sich nicht direkt auf Waren beziehen läßt, sondern eine soziale Zielsetzung zu bezeichnen scheint. Obwohl der Werkbund, sieht man von der harmlos-unpolitisch anmutenden Phrase der Wiedergewinnung der Arbeitsfreude einmal ab, explizit keine sozialen oder politischen Ziele verfolgt hat, so sind im Werkbund dennoch, und dies bleibt hier die wesentliche These, in der Tat spezifische ökonomische und politische Interessen organisiert. Diese Interessen waren hier vor allem durch Friedrich Naumann versammelt und artikuliert worden. Friedrich Naumann hat als professioneller Politiker eine eindeutige sozial-politische Strategie verfochten. Für eingeweihte und informierte Zeitgenossen müssen diese sozial-politischen Strategien und die diesen entsprechenden innenpolitischen Frontstellungen in der Diskussion um den Begriff der Arbeitsfreude hintergründig spürbar gewesen sein.
In der Rekonstruktion und Interpretation dieser Diskussion ist an die, im Kapitel über "Die Innenpolitischen Fronten und die politische Ideologie des DWB" erörterte, politische Interessenkonstellation des DWB anzuschließen. Der Werkbund ist hier primär als Interessenverband der innovativen Fertigwarenindustrie definiert. Politisch war dieses Interesse eingekeilt zwischen autoritär-konservativer Schwerindustrie (Deutsch-konservative Partei, National-liberale Partei, Zentrum) auf der einen Seite und der sich politisch bzw. rethorisch revolutionär gebärdenden Arbeiterbewegung (SPD) auf der anderen Seite. Dazwischen, sozusagen auf der Seite der auch im DWB vertretenen Interessen, gab es die links-liberale Freisinnige Vereinigung, der sich Friedrich Naumann 1903 anschloss, sowie die Freisinnige Volkspartei. Beide gingen 1891 als Spaltprodukte aus der Deutsch-freisinnigen Partei hervor, die sich  1881 von der National-liberalen Partei abgespalten hatte. (1910 schlossen sich die Feisinnige Vereinigung und die Freisinnige Volkspartei, zusammem mit der Deutschen Volkspartei , zur Fortschrittlichen Volkspartei zusammen. ) Naumann selbst hatte 1896 eine eigene links-liberale Partei gegründet, den National-sozialen Verein. Nach einer eindeutigen Niederlage in den Reichstagswahlen 1903, in der Naumann auch seine  eigene Kandidatur gegen einen Sozialdemokraten verlor, löste Naumann die Partei auf. Naumann kam vor allem auch deshalb zu diesem resignativen Entschluß, weil die Wahlanalyse ergab, daß die Stimmen, die Naumanns neue Partei gewinen konnte, nicht wie gehofft der SPD, sondern den liberalen Parteien abging. Die Mehrheit der Deligierten plädierte daraufhin für einen Anschluß an die Freisinnige Vereinigung.
Die verschiedenen Umgruppierungen der links-liberalen Kräfte sind ein Zeichen des politischen Scheiterns dieser Politikausrichtung im Wilhelminischen Reich. Die konservativen Kräfte behielten weiterhin die Oberhand.
Die zwei entscheienden politischen Punkte, die das spezifische Interesse der im DWB organisierten Firmem betraf, waren:
1. Die Abwendung einer restriktiven Zollpolitik, die  die Agrar-, Rohstoff- und Schwerindustrie auf Kosten der Fertigwarenindustrie protektionierte.
2. Die Sozialgesetzgebung, die, eine für die hochwertige  Fertigwarenindustrie wichtige, gut ausgebildete Arbeiterschaft (auch als Markt) erhalten würde, anstatt die Unterdrückung und Unterentwicklung der Arbeiterschaft weiter zuzulassen.
Der materielle Gegensatz dieser sozial-politischen Interessen ist in folgender Passage aus Friedrich Naumanns Schrift "Deutsche Gewerbekunst" die als Flugschrift zur Vorbereitung der ersten Jahresversammlung des Werkbundes 1908 zirkulierte, explizit artikuliert: "Der große Unterschied zwischen dem Unternehmertum in Rohstoffproduktion und Fertigfabrikation ist der, daß die Unternehmer der ersteren Art von ihren Arbeitern nur Durchschnittseigenschaften zu verlangen haben, die häufig vorkommen, daß aber die Unternehmer der zweiten Art Qualitätsarbeiter brauchen, ..., die ihr Fach mit Erfolg gelernt haben. Deshalb stellt sich die ganze soziale Frage bei jenen elementaren Industrien anders dar als bei den feineren Gewerben. ... Daran ändert auch die Einführung neuer Maschinen nichts, denn auch Maschinen für feinere Arbeiten sind zarte Körper und wollen persönlich gepflegt und bedient sein. Die Qualitätsarbeiter können nicht beliebig durch eine unbegrenzte Reservearmee ersetzt werden. Deshalb hat bei ihnen die Gewerkschaftsorganisation einen viel sichereren Standort als bei den ungelernten und halbgelernten Arbeitern und muß auch vom Unternehmertum als vorhandene Größe angesehen und behandelt werden. Die Auffassung des Stahlwerksverbandes kann niemals die der Wohnungsgewerbe sein ... einen brutalen Herrenstandpunkt einzunehmen ... . Es wird also für die zum  Werkbund gehörigen Unternehmungen ganz von selbst und ohne besondere Bundesbeeinflussung gelten, daß sie zu den Verbänden der Arbeiter nicht in direkt ablehnendem Verhältnis stehen."(169)
Dieser Interessensgegensatz und die darin von Naumann vertretene Politikausrichtung wird für Naumann zur Existenzfrage Deutscher Zivilisation und ihrer Selbstbehauptung in der Welt:
 "Die Lebenshöhe der Arbeiter ist mehr als irgend etwas anderes entscheidend für die Qualität der nationalen Arbeit. ... Die Arbeiter werden entweder aufwärtsgehoben, oder das Bleigewicht ihrer Unerzogenheit und Unkultur zieht uns alle niederwärts."(170) Und: "Wir sind das geborene Ausfuhrland für Fertigfabrikation. Innerhalb der Fertigfabrikation besteht aber ein scharfer Unterschied zwischen solchen Waren, die überall und mit jeder Bevölkerung hergestellt werden können, und solchen, die nur mit guterzogener und gutbezahlter Bevölkerung herstellbar sind. Die erste Art der Waren ist nur aufgrund geringer Löhne und knappster Kalkulation verkäuflich. Völker, die sich auf ihre Herstellung verlegen, bleiben im volkswirtschaftlichen Knechtzustand. Alle Arbeiterbewegung ist im Gebiet solcher Waren grundsätzlich erfolglos, da sich jede Lohnsteigerung in Absatzverminderung umsetzt und nur die Konkurrenz bedürfnisloserer Nationen stärkt. Diese Art von Waren müssen wir abzuschieben suchen, was aber nur in dem Maße gelingen kann, als wir die Voraussetzungen für die höhere Art von Waren bei uns herstellen. Diese Voraussetzungen sind teils ästhetischer, teils moralischer, teils volkswirtschaftlicher Natur. Wir müssen als Volk im ganzen den Satz begreifen ..., daß nur der höhere Mensch höhere Waren schaffen kann. Im Wirtschaftsideal der gehobenen Fertigfabrikation liegt also gleichzeitig ein großes Willensziel für das deutsche Menschentum überhaupt."(171)
Eine "arbeiterfreundliche", soziale Komponente war also ein entscheidendes Spezifikum dieser, trotzdem durch und durch bürgerlichen Formation. Diese "Arbeiterfreundlichkeit" sah sich zunächst berufen, den unaufhaltsamen Aufstieg der SPD, d.h. der politischen Arbeiterbewegung, zu bremsen, und die sozialen Kräfte der ausgebildeten Arbeiter in prokapitlistische, nationalistische, staatstragende Bahnen umzulenken. Die war das Projekt des Nationalsozialen Vereins. (Dies war auch das Projekt der sogenannten christlich-sozialen Bewegung gewesen, in der Naumann, ursprünglich Theologe, erste Schritte in die Politik gemacht hatte). In diesem Sinne verkündete Naumann 1899 in einem Artikel mit dem bezeichnenden Titel "Weshalb nennen wir uns Sozialisten?", daß "die arbeitende Masse nur dann etwas erreicht, wenn sie patriotisch und staatserhaltend auftritt..."(172)
Naumann versuchte dann (vergeblich) den rechten Flügel der SPD (Georg Vollmer) zur Spaltung zu bewegen. Schließlich ging er davon aus, daß eine Politik jenseits des Zentrums nur mittels einer Koalition der Liberalen mit der SPD möglich sein würde, "weil wir an einen wirklichen und endgültigen Sieg des Liberalismus ohne die Masse, die Sozialdemokratie heißt, nicht glauben können."(173) Keineswegs ging es also um einen Sieg des Sozialismus. "Die Arbeiterbewegung ist im Kapitalismus gewachsen und nicht über ihn hinweg."(174)
Der Politik der Sozialdemokratie selbst war aber nicht zu trauen, vielmehr sollte ihr soziales Gewicht vor den Karren des aus sich selbst sozial zu schwachen Liberalismus gespannt werden. "Es ist ein Verdienst der Sozialdemokratie, daß sie eine große Anzahl bürgerlich liberaler Forderungen schon bisher mit Kraft und Nachdruck unterstützt hat."(175) Jedoch: "Die Zeit ist noch nicht da, wo sich die Sozialdemokratie berufen fühlt, zusammen mit dem Bürgertum die Umwandlung Deutschlands zum Industriestaat vorzunehmen. Diese Umwandlung kann nur von Parteien gemacht werden, die für den Staat eintreten und bereit sind, die Verantwortung für das Staatsganze zu übernehmen."(176)
Die bisherige Dynamik der kapitalistischen Entwicklung schien aber offensichtlich die sozialen Grundbedingungen eines modernen Industriestaates nicht so ohne weiteres zur Entfaltung bringen. "Sie schwächt den Arbeiter künstlich und diese künstliche Schwächung ruiniert ihren eigenen Fortschritt."(177) Eine Kritik am kapitalistischen Gesellschaftsprinzip hat es bei Naumann allerdings nie gegeben. Gerade um dieses gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung zu sichern, mußte, nach der Ansicht Naumanns, die soziale Frage von bürgerlich-liberaler Seite aufgegriffen werden. Naumann, betrachtete die Sozialdemokratie schon sehr früh als ihrem Handeln nach reformistisch ausgerichtet. Die formale Zurückweisung des Revisionismus und die Bestätigung des revolutionären Programms auf dem Dresdner Parteitag der SPD 1903, beeindruckte Naumann wenig. Das Bürgertum, insbesondere nach der russischen Revolution von 1905, konnte sich allerdings kaum in völliger Sicherheit wägen. Naumann wägte hier im Jahre 1905 in Folgender Weise ab: "Ich behaupte nicht, daß eine Revolution in Europa heute nicht mehr möglich sei. Die Ereignisse in Rußland können uns schnell eines anderen belehren, bloß das wage ich zu behaupten, daß die deutsche Geschichte nach dem Jahre 1848 keine große Revolution mehr in sich zu erwarten hat."(178)
Diese generellen Gesellschafts- und Industrie-politischen Einschätzungen und Strategien Naumanns waren hier seinen, daran explizit anschließenden Ausführungen zur "Arbeitsfreude" als Kontext vorauszuschicken.
Naumann, wie durch weitere Textstellen zu belegen sein wird, sammelt unter und um den Begriff der Arbeitsfreude produktivitätsrelevante Qualitäten der Arbeiterschaft wie Ausbildungsstand (Kunstfertigkeit, Sinn für Qualität), Kreativität (Orginalität) und Motivation (Freude an der besonderen Schwierigkeit, Betriebspatriotismus), als wesentliche Bedingungen der Ambition des Werkbundes, die Weltführung in hochwertiger Industrieproduktion zu erlangen. Naumann argumentiert, daß Menschen, die zum einen mit unmittelbaren materiellen Sorgen kämpfen und zum anderen als Konsumenten keine Chance haben qualitativ hochwertige Ware für sich in Betracht zu ziehen, weder die notwengige geistige Freiheit und Energie, noch das Urteilsvermögen aufbringen, den Ambitionen des Werkbundes gerecht werden zu können. Hier liegt der relativ progressive, materialistische Kern der Naumannschen Version des Diskurses zur Arbeitsfreude, die Einsicht nämlich, daß Arbeitsfreude von materiellen, sozialen und politischen Bedingungen abhängt und nicht durch gutes zureden herstellbar ist. Dies war auch schon die Auffassung von Ruskin und Morris, auf die noch zurückzukommen sein wird. Zunächst einmal mehr Friedrich Naumann in "Deutsche Gwerbekunst" 1908: "Die Kunstfertigkeit jedes kunstgewerblichen Arbeiters, sei er Künstler, Geschäftsleiter, Zeichner, Tischler, Gießer, Glasbläser oder sonst etwas, hängt von seinem Seelenzustande ab. Das ist ja eben das Eigentümliche aller Kunst, auch der gewerblichen Kunst, daß sie gern getan werden will. Zur Kunst gehört Freude am Können, Freude am Material, an der Form, an der Orginalität, an der besonderen Schwierigkeit. Ohne Freude entsteht nichts wahrhaft Gutes. ... Eine gleichgültige, interesselose Arbeit ist tot in sich selber. ... Es ist also die Freude an der Arbeit für die feineren Gewerbe geradezu eine geschäftliche Angelegenheit. Freude an der Arbeit? Gibt es so etwas im modernen Industrieverhältnis? ... Das ist keine kleine Frage, denn in dieser Frage liegt geradezu die Zukunftsaussicht der nationalen Gewerbekunst. Die Nation, die im Industriezeitalter die meiste Freude an der Arbeit bei sich zu erzeugen imstande ist, hat die beste Hoffnung, die Kunstführung zu erlangen. - Das Wesen des Seelenzustandes, den wir Freude an der Arbeit nennen, ... besteht negativ darin, daß die Arbeit nicht bloß um des materiellen Vorteils willen gemacht wird. ... Dazu aber gehören Menschen, die keine unmittelbaren materiellen Sorgen haben. ... Freude an der Arbeit setzt voraus, daß die Arbeitsstellen in den kunstgewerblichen Betrieben sich auf der Höchstgrenze des möglichen Lohnes bewegen. Mit anderen Worten: die Kunstbetriebe müssen von allen Betrieben am meisten sozialisiert sein, wenn sie gedeihen sollen. Ihr Grundsatz muß sein, daß das Aufsteigen des Betriebes allen Beteiligten zugute kommt."(179) Naumann kommt hier sehr dicht an sozialistische Einsichten heran. So geht er prinzipiell von materiellen Grundbedingen einer geistig produktiven Einstellung aus, die dennoch (in dialektischer Umkehrung) letzlich nicht mehr rein materiell, als Aussicht auf persönliches Gewinnstreben, motivierbar ist, sondern nur jenseits und in Freiheit von derartig beschränktem Gesichtspunkt sich einstellt; er geht des weiteren von einer partizipativen Struktur als der, der anspruchvollsten und fortschrittlichsten, produktiven Tätigkeit angemessensten sozialen Struktur aus. Allerdings bleibt Naumann seinem Klassenstandpunkt treu, indem er sich der Frage, weshalb denn die notwendige Beteiligung der Arbeiter am Aufstieg der von ihnen getragenen Industrie, für immer und ewig am Eigentumsprinzip ihre willkürliche Grenze finden soll, nicht stellt. Diese Willkür des Eigentumsprinzip (und die blinde Naturgewaltsamkeit des kapitalistischen Wertgesetzes) zeigt sich bei Naumann auch in der unhinterfragten Formulierung, die Arbeitsstellen in den kunstgewerblichen Betrieben sollten sich auf der Höchstgrenze des möglichen Lohnes bewegen. Wo und durch wen ist diese Höchstgrenze des möglichen gesetzt? Diese Frage stellt Naumann nicht.
(Dieses "Kreuzverhör" wird hier, zum einen, einmal mehr, ganz im Sinne der hier durchgehend angesetzten Methode, die marxistisch-sozialistischen Gesellschaftstheorie als forschungsleitende Grundhypothese bzw. Analysefolie zu vertreten, vorgetragen, zum anderen mag sich Naumann selbst, der als journalistischer Beobachter an vielen Sozialdemokratischen Veranstaltungen beteiligt war und der viel vom Marxismus und den Diskursen innerhalb der Sozialdemokratie gelernt hatte, derartigen marxistisch orientierten Gegenfragen ausgesetzt gesehen haben.)

Das Problem der Arbeitsfreude ist aus einem entsprechenden, früheren Diskurs in der englischen Arts and Craft Bewegung (Ruskin, Morris) in die Werkbundproblematik überführt worden.
Allerdings gibt es entscheidende Unterschiede, in der zunächst parallel erscheinenden, neueren  Diskussion im Werkbund.  Beide Diskussionen verbindet ein sozialkritisches (um nicht zu sagen sozialistisches) Pathos. Die jeweilige wesentliche soziale Basis und der Gesellschafts- und Industriepolitische Ausblick jedoch waren Grundverschieden. Die Arts and Craft Bewegung verteidigte ideologisch das von der Industrie bedrängte Handwerk während der DWB die Industrie aktiv (praktisch und ideologisch) unterstützte.
Wenn hier dennoch auf die englische Tradition noch einmal eingegangen wird, so geschieht das jedoch nicht (nur) aus Gründen ideengeschichtlicher Zusammenhänge, sondern weil es in der DWB Debatte auch darum ging, über die im wesentlichen industriegemäße Politik hinaus, in der Mehrdeutigkeit der Diskussion um die Arbeitsfreude und gerade auch im Rückgriff auf die Themen der Handwerksideologen Morris und Ruskin,  den bedrohten, kunsthandwerklich Gewerbetreibenden den Übergang in das Prinzip des kapitalistischen Großbetriebs ideologisch näher zu bringen oder zumindest das DWB Projekt gegen artikulierten Widerstand rethorisch zu verteidigen. Immerhin mußte man hier einen allzu offenen Interessenskonflikt vermeiden  bzw., wo dieser unvermeidlich und offensichtlich war, galt es ihn (rethorisch) zu glätten. Es ging hier also  - ähnlich wie in der widersprüchlichen Beziehung des DWB zum Deutschen Heimatschutzverband -  um den (widersprüchlichen) Versuch, die  regressiv-antikapitalistischen, von der Industrie her, in ihrer Existenz gefährdeten und von der Proletarisierung bedrohten kleinbürgerlichen Elemente  ideologisch aufzufangen. Zu diesen kleinbürgerlichen Elementen, deren Erfahrungen im rapiden Industrialisierungsprozeß des Wilhelminischen Reiches übrigens einen Großteil des kulturpessimistischen, intellektuellen Klimas der Zeit (und auch des direkten Umfelds des DWB) bestimmt haben, gehörte gerade auch der größere, immer noch handwerklich geprägte Teil des Kunstgewerbes. Von dieser Seite her war die Gründung des Werkbundes ja auch in der Mehrheit feindlich aufgenommen worden und ist folgerichtig vom "Fachverband für die wirtschaftlichen Interessen des Kunstgewerbes" in Frage gestellt und bekämpft worden.
Die folgende, bereits oben in ihrem Zusammenhang zitierte Formulierung Naumanns, "eine gleichgültige, interesselose Arbeit sei tot in sich selber" und der Betrachter (Kunde) "fühle" das (180), sowie Muthesius' gleichsinnige Formulierung, der Betrachter empfände des Künstlers "Eifer, seine Freude an der Arbeit gewissermaßen noch einmal mit"(181) sind, ihrem ideengeschichtlichen Ursprung nach, auf sinngleiche Ausführungen John Ruskins zurückzuführen, demnach das Wesen künstlerischer Qualität und die Wirkung von Kunst und kunstgewerblichen Gegenständen ihrem Ursprung als Ausdruck individueller, kreativer Arbeit zu verdanken sei. Dieser wesenhafte Ursprung der Kunst gehe in der, auf perfekte Reproduktion ausgehenden, machinellen Fertigung verloren. Bezüglich dieses Rückbezugs auf die "vitalistische Ästhetik"(182) der Arts and Craft Bewegung orientieren sich die nachfolgenden Zitate (und z.T. Ausführungen) an Sebastian Müllers "Kunst und Industrie  - Ideologie und Organisation des Funktionalismus in der Architektur".  Müller paraphrisiert und zitiert Ruskin wie folgt: "John Ruskin kritisierte den 'exact finish' der maschinell erzeugten Objekte, denn 'die Forderung nach Perfektion ist immer ein Zeichen dafür, daß man die Absichten der Kunst nicht versteht.' Es sei im Gegenteil ein 'allgemeines Gesetz, daß weder Architektur noch irgend ein anderes Menschenwerk gut sein kann, ohne unvollkommen zu sein'; denn 'an allen lebendigen Dingen gibt es gewisse Unregelmäßigkeiten und Mängel, die nicht nur Anzeichen von Lebendigkeit, sondern auch Quelle von Schönheit sind ... und Unvollkommenheiten zu verbannen bedeutet den Ausdruck zu zerstören, die Ausführung kontrollieren, Vitalität lähmen.' "(183) (Um sich dieser Rethorik und dieser, auch heute immer noch latent wirksamen kunstideologischen Mystifikation zu entziehen, sollte man sich vergegenwärtigen, daß es der von Ruskin romantisierten alten, mittelalterichen Handwerkskunst wohl kaum um den Ausdruck künstlerischer Individualität und Vitalität gegangen war.)  Ruskins romantische Überfrachtung von Hausrat und Hausgestühl ist hier kritisch als eine moderne Form von Fetischismus zu interpretieren, d.h. die Projektion einer sozialen Logik  ins Dingliche.
Hinter dieser vitalistischen Ästhetik steckt bei Ruskin eine moralische und soziale Frage, die bei Ruskin auch vehement explizit wird: "Wähle, ob Du für eine schöne Form oder für die perfekte Ausführung zahlen willst, und Du wählst im gleichen Augenblick, ob Du aus dem Arbeiter einen Menschen oder einen Schleifstein machen willst."(184) Und bezogen auf die moderne Arbeitsteilung erklärt Ruskin, sei es nicht "genau gesagt die Arbeit, die geteilt ist, sondern der Mensch: - geteilt in winzige Teilstücke von Mensch - zerbrochen in kleine Bruchstücke und Krumen von Leben."(185) Dies ist die soziale Frage des, von der Proletarisierung bedrohten Handwerkers und kleinbürgerlichen Gewerbetreibenden. John Ruskin galt als Sozialist und hat auch William Morris (186) zum Sozialismus gebracht. In Lichtheims "A Short History of Socialism" wird den beiden eine "ethische Kritik des Kapitalismus"(187) konzidiert, ansonsten spricht Lichtheim von dem "romantic medievalism of Ruskin and Morris."(188)
Des Handwerkers Arbeit wird bei Ruskin (und Morris) ideologisch  zur Ausdruckskunst stilisiert. Dem Handwerk wird Exklusivität auf das Wertsiegel der Kunst verbrieft. Ruskin behauptet, daß "der Gedanke des einen Künstlers nie durch einen anderen ausgedrückt werden kann" und daß "der Unterschied zwischen der Ausdruckskraft desjenigen, der schöpferisch tätig ist, und desjenigen, der Anweisungen gehorcht, oft allein der Unterschied zwischen einem großen und einem gewöhnlichen Kunstwerk ist."(189)  Ruskin verlangt "der Maler sollte seine eigenen Farben selber malen"(190) und Morris folgt ihm, wenn er sagt, daß "in jedem Gewerbe, wo es um die Herstellung von Schönheit geht, die direkteste Verbindung zwischen Hand und Kopf gesucht würde."(191)  Handwerkliche Arbeit sei, so Morris, "imaginative work" und  "eine einzige Freude"(192) Ähnlich wurde auch von Seiten des Fachverbandes für die wirtschaftlichen Interessen des Kunstgewerbes, im Disput mit der Werkbundstrategie, dem industrialisierten, kunsthandwerklichen Großbetrieb die Kunstweihe zu verbriefen, argumentiert, "daß die Kunst aus dem Handwerk hervorgehen muß!" und nur derjenige sei "ein Künstler, der das Handwerk völlig beherrscht und im Einvernehmen mit dem Handwerk schafft."(193)
Während das Handwerk hier (notgedrungen) immer noch wie Ruskin gegen die maschinelle Serienfertigung als wesentlich unkünstlerisch polemisierte, ging es dem Werbund gerade darum, das künstlerische Wesen in das Industriezeitalter hinüberzuretten, bzw. das umkämpfte Gütesiegel der Kunst für die neue kunstgewerbliche Industrieproduktion ideologisch zu erobern; und zwar auch gerade in rethorischem Anschluss an Aspekte der Arts and Craft Bewegung, die man als wertvolle, viel beachtete, neuereTradition reklamieren und zugleich überwinden wollte. Zum einen wurde, wie die oben zitierten, entsprechenden Äußerungen Naumanns belegen, versucht zu argumentieren, daß, unter bestimmten sozial-politischen Voraussetzungen, auch die ausführenden Kräfte im Industriebetrieb zu einer (im Produkt spürbaren) Arbeitsfreude animiert werden könnten. Zum anderen wurde auf den neuen Status des Industriedesigners gesetzt, der, ehemals ein lohnabhängiger und kaum gebildeter Musterzeichner, nun unter aktiver Mithilfe des DWB in den Stand des freien Künstlers  (bzw. des unabhängigen Kleinunternehmers des tertiären Sektors) aufstieg. Hier entstand eine neue, selbständige Berufssparte, in die sich zunächst ehemalige Maler und Architekten hineinbewegten.

DAS IDEAL DES FREIEN KÜNSTLERS

In Naumanns Diskussion der Stellung des entwerfenden Künstlers im industrialisierten Kunstgewerbe finden die Fragestellungen (und die industriefeindliche Polemik) der Arts and Craft Ideologen Ruskin und Morris noch Resonnanz. Naumann konzidiert zunächst, ganz im Sinne von Ruskin und Morris: "Es kann also die Industrialisierung des Kunsthandwerks leicht zur Kunstentseelung führen und hat dazu geführt, und zwar so sehr, daß viele ernste Rufer gerufen haben: Zurück zum Handwerk."(194) (Deutsche Gewerbekunst 1908). Naumann konzidiert hier also (zumindest rethorisch) diese chimärenhafte, angebliche  "Kunstentseelung", er macht sogar, ebenfalls im Sinne von Ruskin und Morris, die betriebliche Arbeitsteilung zwischen Zeichnern  und ausführenden Arbeitern hier mit verantortlich. Naumann spricht vom Zeichner dessen Arbeit der gewöhnlichen Büroarbeit sehr verwandt sei und vom "durchschnittlichen Geistesarbeiter, Architekt, Entwerfer, Musterzeichner, der aufgrund schulmäßig erworbener Fertigkeiten seine Arbeit pflichtmäßig fertigstellt, so wie man sie als Geistesarbeiter fertigstellen kann, das heißt ohne tägliche Berührung mit der Arbeit und mit der Materie, ... er ist in aller seiner Kunst fern von dem Schaffensgefühl derer, die in die volle Orgel des Lebens hineingreifen können. Das Ergebnis ist eine gewisse Blutarmut dieser Kunst, denn Kunst wächst im Material."(195) Mit mystifizierenden Wendungen wie "Kunstentseelung", "Blutarmut" , "Materie" und der "vollen Orgel des Lebens" wird offensichtlich, daß Naumann hier keineswegs mit dem obskuren Mysterium der "Kunst" aufräumen will. Vielmehr will er dieses magische Wertsiegel der vom  Kunsthandwerk reklamierten Exklusivität entreißen  und für seinen DWB erobern und in Anspruch nehmen, um so die Projekte und Investitionen seiner groß- und bildungsbürgerlichen Klientel zu vergolden.
 "Das alte Handwerk kommt so wenig wieder wie die alte Stille oder der alte Glaube. Ist nun damit auch über das alte Können das Todesurteil gesprochen? Hier beginnt die Kernfrage des neuen Werkbundes. Sie lautet: Ist wahre Kunst im modernen Betriebswesen möglich? Wer diese Frage bejaht, der steht auf der ersten Stufe zur Tür des Werkbundes."(196) Die "Kunst" bleibt also ein streitwürdiges, umkämpftes Gut.
"Bisher galt es als richtig, dem Handwerker zu sagen: Du mußt Kunsthandwerker werden, weil dir das die Industrie nicht nachmachen kann! ... Das neue ist nun, daß man eingesehen hat, daß auch die besten Kleinen nicht stark genug sind, die Richtung des Marktes zu bestimmen, und daß es wirklich möglich ist, kunstvolle Großbetriebe zu versuchen."(197)  (Hier klingt noch einmal das national- und exportwirtschaftliche Motiv an, das auf der Basis von Kleinbetrieben, die für den Erfolg hochwertiger (und hochbezahlter) deutscher Produktion auf dem Weltmarkt erforderliche  Stil- und Marktbildung, nicht möglich ist.) Weiter heißt es bei Naumann: "Das Problem des künstlerischen Großbetriebs ist aber in erster Linie ein Problem der Stellung der Gewerbekünstler zu den Betrieben, und hier treten auch die ersten Praktischen Aufgaben des Werkbundes zutage. ...  Das Neue, von dem wir sprechen, ist, daß es jetzt Gestaltungskünstler gibt, die sich über den Zustand des abhängigen akademischen Zeichners und Erfinders weit emporheben. Das aufkommen solcher Künstler ist ein kulturgeschichtliches Erlebnis ersten Ranges.  ...  Jetzt sind es "freie Künstler", das heißt Verkäufer von Ideen und Entwürfen, die in Fülle auftreten und die das berechtigte Bestreben haben, nicht nur dienende Glieder innerhalb der großen Betriebe zu sein, sondern mit ihrem Können das gewerbliche Schaffen zu leiten. Innerhalb der Architektur zwar ist es schon eine geläufige Erscheinung, daß die Künstler von vornherein als Mitinhaber oder Begründer von entwerfenden Betrieben auftreten oder Baufirmen von sich abhängig machen, im übrigen Raumgewerbe aber sind die Herrenmenschen unter den Künstlern etwas Neues. Sie verlangen, daß ihre Werke ihren Namen tragen, daß sie mit Namen ausgestellt werden, kurz, sie stehen den ausführenden Betrieben etwa so frei und souverän gegenüber wie große Schriftsteller den buchhändlerischen Unternehmungen. Um sie herum entwickelt sich eine ganze Literatur, und schon heute strahlt der Ruhm einzelner von ihnen über Deutschlands Grenzen hinaus."(198)

 

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